Erzbischof macht Rüstungsindustrie für Elend verantwortlich

Rom. Etwa 800 Flüchtlinge sind im Mittelmeer offenbar knapp einer Katastrophe entkommen. Der Frachter „Blue Sky M“ erreichte nach Angaben der italienischen Küstenwache am Mittwochmorgen die Hafenstadt Gallipoli. An Bord befanden sich demnach 768 Menschen. Es soll sich überwiegend um aus Syrien stammende Migranten gehandelt haben. Italienische Behördenvertreter waren zu dem unter moldauischer Flagge fahrenden Schiff geflogen worden, um zu überprüfen, ob es manövrierfähig war. Die Besatzung hatte den Frachter zuvor nach Angaben einer Sprecherin des Roten Kreuzes verlassen. Wären die Italiener nicht an Bord gegangen, „hätte es die Küste gerammt“, sagte sie.

Am Dienstag hatten bereits die griechische Marine und Küstenwache die „Blue Sky M“ überprüft, nachdem ein Alarm ausgelöst worden war. Laut griechischem Staatsfernsehen befanden sich Bewaffnete an Bord. Die Behörden in Athen bestätigten dies jedoch nicht. Die Italiener wurden dann aktiv, nachdem das Schiff die griechischen Gewässer verlassen hatte.

Nach Ankunft des Frachters in Italien kümmerten sich Rettungskräfte darum, dass die Flüchtlinge aus der eisigen Kälte zunächst unter anderem in einem Zelt untergebracht wurden. Einen Bericht, wonach vier Menschen ums Leben gekommen waren, wiesen die Behörden zurück. Gestorben sei offenbar niemand. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte das Schiff. Ein Moldauer wurde nach Angaben eines Vertreters der Justizbehörden festgenommen. Migranten hätten ihn als Mitglied einer Gruppe von Menschenschmugglern identifiziert, die die Überfahrt arrangiert haben.

Zum Jahreswechsel haben die Kirchen Terror, Kriege und Flüchtlingselend angeprangert und zu mehr Solidarität mit Menschen in Not aufgerufen. Kölns Erzbischof Rainer Maria Woelki macht unter anderem die deutsche Rüstungsindustrie dafür mitverantwortlich, dass die Zahl der Flüchtlinge im Jahr 2014 derart zugenommen hat. „Wir exportieren qualitätsvolle, zielgenaue und robuste Waffen in einem großen, noch nicht da gewesenen Umfang“, sagte der Kardinal in seiner Silvesterpredigt. „Circa 100.000 Deutsche arbeiten für den Export von Kriegsgütern. Wir verdienen daran. Und wir wundern uns dann, wenn einige Opfer von Gewalt an unsere Türen klopfen?“ Die Nachbarländer Syriens hätten ungleich mehr Flüchtlinge aufgenommen als Deutschland.

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann nannte es beschämend, wie untätig die Menschen etwa die Gewalt in Syrien hinnähmen. „Wir sind oft so stolz über unsere technischen Leistungen, darin wirklich oft Giganten, aber im Blick auf den Erhalt des Friedens sind wir erbärmliche Zwerge“, sagte der ehemalige Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.