Bestimmt das Parlament keinen neuen Präsidenten, drohen dem Land Neuwahlen und ein Linksruck

Athen. Schicksalsstunde für die griechische Regierung unter Ministerpräsident Antonis Samaras: Die Parlamentsabgeordneten in Athen treten am heutigen Montag zum dritten und letzten Mal zusammen, um einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Scheitert auch dieser Anlauf, sind vorgezogene Wahlen laut Verfassung vorgeschrieben. Das könnte in dem von der Pleite bedrohten Land zu politischen Turbulenzen führen.

Einziger Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten, der in Griechenland nur repräsentative Aufgaben wahrnimmt, ist der konservative ehemalige EU-Kommissar Stavros Dimas. Das Mandat des amtierenden Präsidenten Karolos Papoulias läuft Anfang März aus. Zwei Versuche, einen neuen Präsidenten zu wählen, waren am 17. und 23. Dezember gescheitert. Im ersten Wahlgang hatte der 73-jährige Dimas 160, im zweiten 168 Stimmen erhalten. Für die Wahl waren in diesen beiden Runden jeweils 200 Stimmen der insgesamt 300 Abgeordneten notwendig. Bei der alles entscheidenden dritten Abstimmung sind jetzt nur noch 180 Stimmen nötig. Beobachter gehen davon aus, dass die Wahl auch diesmal misslingen könnte.

Drei Oppositionsparteien, darunter das Linksbündnis Syriza, wollen die Wahl des Präsidenten als Hebel benutzen, um Neuwahlen zu erzwingen. Tsipras lehnt die Spar- und Reformpolitik der Regierung und der internationalen Geldgeber ab. Syriza hat angekündigt, bei einer Regierungsübernahme neu über die internationalen Finanzhilfen für das überschuldete Land verhandeln zu wollen. John Milios, der Chefökonom des wirtschaftspolitischen Komitees von Syriza, sagte, die Gläubiger Griechenlands müssten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. „Sie werden dem am Anfang nicht zustimmen“, prophezeite er. Mittelfristig werde es jedoch eine Einigung geben.

Es bestehe das gemeinsame Interesse, die Zahlungsfähigkeit in der Euro-Zone zu erhalten. „Niemand will ein Land in den Zahlungsausfall treiben“, sagte er. Auch sei es das Beste, wenn Griechenland in der Euro-Zone bleibe.

Die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfonds und die EU haben das Land mit Krediten über 240 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch bewahrt. Bedingung dafür sind Reformen auch bei Sozialleistungen. Die Aussicht auf eine Regierung unter Führung der Syriza hat an den Finanzmärkten für Unruhe gesorgt.

Der Koalitionsregierung unter Regierungschef Samaras arbeitete über die Weihnachtstage mit Hochdruck, um die Stimmen von unabhängigen Abgeordneten für die Wahl von Dimas zu gewinnen. Von vorrangiger Bedeutung sei es, Parlamentsneuwahlen abzuwenden, um einen schnellen Abschluss der Verhandlungen mit den Kreditgebern Griechenlands zu ermöglichen. „Wer jetzt nicht für den Präsidenten stimmt, ist mitverantwortlich für Wahlen, die im Volk niemand will“, sagte Samaras. Er wiederholte seine Aufforderung an andere Parteien zu kooperieren. Dann könnten im Gegenzug Ende 2015 Parlamentswahlen abgehalten werden. Regulär stehen sie 2016 an.

Die Wahl am Montag wird auch bei den Regierungen der Euro-Partner aufmerksam verfolgt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet von Griechenland, dass es seinen Sparzusagen selbst im Fall von Neuwahlen nachkommt. „Jede neue Regierung muss vertragliche Vereinbarungen der Vorgänger einhalten“, sagte der CDU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Neuwahlen änderten nichts an den Schulden Griechenlands. Grundsätzlich würde Griechenland auf dem Weg der harten Reformen mit Hilfe zur Selbsthilfe weiter unterstützt. „Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig“, sagte Schäuble.