Präsident Correa wirft Bundestagsabgeordneten Imperialismus und Kolonialismus vor

Bogotá. Für seinen Frontalangriff auf die deutsche Politik hatte sich Rafael Correa sicheres Terrain ausgesucht. In seiner wöchentlichen TV- und Radio-Show „Elance Ciudadano“ feiern linientreue PR-Journalisten die Arbeit des sozialistischen Regierungschefs, der als Moderator weite Teile der Sendung gleich selbst bestimmt. Ausgestrahlt wird die Politshow von mehr als 50 Sendern im Land.

Correa nutzt die aus Steuergeld finanzierte Selbstdarstellung gern zur Abrechnung mit politischen Gegnern und erklärt seinen Landsleuten den Lauf der Welt. Nun nahm er sich die deutsche Politik vor. Denn die, so ließ er seine Fähnchen schwingenden Zuschauer wissen, habe noch nicht begriffen, dass die Zeit des Imperialismus und Kolonialismus vorbei sei. Der Grund des Zorns des Präsidenten ist der Selbstbestimmungswille einer deutschen Parlamentariergruppe aus dem Bundestag, die sich in Ecuador mit oppositionellen Umweltschützern treffen wollte. Diese engagieren sich gegen ein milliardenschweres ecuadorianisch-chinesisches Erdölprojekt im ökologisch sensiblen Nationalpark Yasuni.

In Ecuador gebe es Souveränität und Selbstachtung, rief Correa seinen Zuhörern zu. Auch gebe es keine Vizekönige mehr wie zur Zeit des Kolonialismus. Zwar gebe es auch in der deutschen Politik den einen oder anderen vernünftigen Kopf, doch das mit dem Ende des Kolonialismus und Imperialismus sei eben auch bei denen noch nicht ankommen, sagte der Chef der ecuadorianischen Bürger-Revolution.

Correas Ärger auf Berlin und seine Politiker hat eine pikante Vorgeschichte. Der ehemalige deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) verweigerte einem Projekt Correas die Unterstützung. Correa wollte das unter der Erde des Nationalparks Yasuni vermutete Erdöl dort belassen, wenn die internationale Staatengemeinschaft im Gegenzug in einen Klimafonds einzahle. So werde das Klima geschützt und der ökologisch wertvolle Yasuni-Nationalpark auch. Dort leben auch mehrere indigene Völker. Doch lokale und internationale Umweltschützer hatten Zweifel an der Redlichkeit von Correas Zusagen, und so entschied sich Niebel damals gegen eine direkte Einzahlung in den Klimafonds, stattdessen sagte Deutschland Millionengelder für andere Umweltprojekte zu.

Genau über die wollte sich die Bundestagsdelegation informieren und nebenbei auch Informationsgespräche mit den Yasuni-Parkschützern führen. Doch Correa ging die Neugier der deutschen Politiker zu weit. „Wir zahlen ihnen das Geld zurück. Wir zahlen ihnen sogar das Doppelte, und dann sehen wir, ob sie uns auch erlauben, sie zu kontrollieren“, erteilte Correa dem deutschen Informationswunsch öffentlich eine klare Absage.

Es war einer von Correas Wutausbrüchen, die gewöhnlich schnell vergessen sind. Doch Umweltschützer leben in Ecuador mittlerweile gefährlich: Vor wenigen Tagen wurde die Leiche eines prominenten indigenen Gegners eines Bergbauprojekts gefunden. Der Mann, der beim Klimagipfel in Lima über das Erdölprojekt berichten wollte, war vor seinem Tod offenbar gefoltert worden.