Griechisches Parlament beschließt „ausgeglichenen Haushalt“. Rettungsprogramm um zwei Monate verlängert

Athen/Brüssel. Die Finanzminister der Euro-Zone wollen das Hilfsprogramm für Griechenland um zwei Monate verlängern. Trotz jüngster Fortschritte könne die Bewertung der Lage des Landes nicht mehr bis Jahresende abgeschlossen werden, erklärten die Minister bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel. Griechenland wird damit die letzte Tranche von 1,8 Milliarden Euro aus dem Hilfsprogramm nicht mehr in diesem Jahr erhalten. Die Extra-Zeit ist nötig, weil die laufende Kontrolle der Geldgeber-Troika aus Europäischer Union (EU), Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) erheblich verzögert ist. Das Hilfsprogramm läuft von europäischer Seite zum Jahresende aus. Die Troika strebt eine Verlängerung um sechs Monate an.

Griechenland kommt es dagegen vor allem darauf an, sich möglichst bald nicht mehr den strengen Vorgaben der Troika unterwerfen zu müssen. Wenige Stunden vor dem Treffen der Euro-Finanzminister hat das Parlament in Athen seinen angeblich ersten ausgeglichenen Haushalt seit Jahrzehnten verabschiedet. Dieser weist so wenig Schulden aus wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Allerdings ist der Etat nicht mit den internationalen Geldgebern abgestimmt, die ernste Zweifel an dem Zahlenwerk haben und es für viel zu optimistisch halten. Die Troika sieht eine Haushaltslücke in Höhe von mindestens 2,5 Milliarden Euro und fordert weitere Sparmaßnahmen – etwa weitere Rentenkürzungen. Das lehnt Athen aus Sorge vor neuen Protesten und politischer Destabilisierung ab.

Die Lage in Griechenland wurde von Teilnehmern der Eurogruppe unterschiedlich eingeschätzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass die Probleme überwunden werden können. „Wir haben gute Erfolge in den letzten Jahren erzielt. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch dafür einen Weg finden.“ Athen müsse aber auf dem Weg von Reformen bleiben. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem äußerte sich hingegen besorgt: „Ich bin überhaupt nicht zuversichtlich. Der Zeitdruck bereitet mir Sorgen.“

Griechenland bekam zur Abwehr einer drohenden Staatspleite zwei Rettungsprogramme mit einem Umfang von insgesamt rund 240 Milliarden Euro. Es ist das erste Euro-Land, das nicht einfach aus seinem Rettungsprogramm aussteigen kann. Geplant ist ein Finanzpolster in Form einer vorbeugenden Kreditlinie. Die Hilfen des IWF laufen bis Anfang 2016.

Auch Frankreich und Italien müssen noch rasch zusätzlich sparen, um die Vorgaben des Euro-Stabilitätspakts einzuhalten. „Mehr (Spar-)Maßnahmen sind nötig“, sagte Dijsselbloem. Die Ressortchefs folgten damit der EU-Kommission, die im November Frankreich, Italien und Belgien eine Frist bis März 2015 eingeräumt hatte, um ihre Budgets für das kommende Jahr in Ordnung zu bringen. Da Paris schon seit 2009 im Defizitverfahren ist, drohen Frankreich letztlich Strafen in Milliardenhöhe.

Zugleich wurde bekannt, dass die EU-Investitionsoffensive größer ausfallen könnte als bislang geplant. Anstelle der bislang vorgesehenen 315 Milliarden Euro ist in einem neuen EU-Dokument von fast 2000 Einzelvorschlägen in Höhe von 1,3 Billionen Euro die Rede. Die Finanzminister der EU wollen über die Vorschläge auf ihrem Treffen am heutigen Dienstag beraten.

Allerdings handele es sich bei dem Papier lediglich um eine „Wunschliste“. Die Umsetzung aller Vorhaben wird in Verhandlungskreisen als „völlig unrealistisch“ eingeschätzt. Aus der Liste sollten lediglich verschiedene Projekte ausgewählt werden. Am Ende könnten Vorhaben im Gegenwert von einer halben Milliarde Euro ausgewählt werden, die in den nächsten drei Jahren verwirklicht werden sollen, hieß es.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Behebung der Wachstumsschwäche in vielen Mitgliedsländern durch ein Investitionsprogramm zu seinem zentralen Projekt erklärt. Die Investitionen waren in Deutschland und anderen EU-Ländern in den letzten Jahren auf ein historisches Tief gefallen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll deshalb rund 60 Milliarden Euro an Krediten vergeben, weitere rund 250 Milliarden Euro sollen von privaten Unternehmen und Anlagefirmen kommen.

Deutschland hat dem Investitionsplan 58 Einzelvorschläge mit einem Investitionswert von 89 Milliarden Euro beigesteuert, wie aus einem 610 Seiten starken Papier zu den Projekten aller EU-Länder hervorgeht. Finanziert werden sollen die Projekte überwiegend aus privaten Geldern. Wichtigstes Einzelvorhaben ist der Ausbau schneller Internetverbindungen. Mit einem Volumen von über 33 Milliarden Euro entfällt das größte Volumen auf den Ausbau der Breitbandversorgung zusammen mit Wissenschaft und Technologie. 22 Vorhaben mit fast 20 Milliarden Euro Umfang betreffen den Verkehrssektor, 15 die Energiewirtschaft.

Die Vorschläge aus Deutschland und den anderen EU-Ländern fließen in ein Papier ein, das auf dem EU-Gipfel Mitte des Monats vorgelegt werden soll. Ungeachtet der jetzt schon vorliegenden Zahl von Einzelvorschlägen ist die „Wunschliste“ der EU-Mitgliedsländer noch nicht geschlossen. So stehen noch die von Deutschland und Frankreich angekündigten Vorschläge für gemeinsame „Leuchtturmprojekte“ aus, die beide Länder jüngst angekündigt hatten. Die EU-Kommission hofft, die ersten Vorhaben im Juni 2015 starten und mit Finanzierungsrunden dafür beginnen zu können.