Ehemaligem chinesischen Parteiführer Zhou Yongkang droht die Todesstrafe wegen Korruption

Peking. Chinas vormals gefürchteter Parteiführer Zhou Yongkang, einst politischer Chef über Polizei, Justiz und Staatssicherheit, muss um sein Leben bangen. Unter Vorsitz von Parteichef Xi Jinping beschloss das Politbüro, ihn wegen schwerster Korruption, Machtmissbrauchs und fünf weiterer Verbrechen aus der Partei auszuschließen, der Generalstaatsanwaltschaft zu überstellen und offiziell verhaften zu lassen.

Überraschend wird Zhou erstmals auch des Hochverrats von Partei- und Staatsgeheimnissen beschuldigt. Ihm droht so nicht nur die Verurteilung zur Todesstrafe, sondern vermutlich auch die Hinrichtung. Hochverrat wird mit der Höchststrafe geahndet. Meist wird dabei auch der Bewährungsaufschub ausgesetzt, der sonst bei Prozessen gegen hohe Funktionäre verhängt wird und oft zur Umwandlung des Urteils in lebenslange Haft führt.

Zhou war bis 2012 als Mitglied des Politbüroausschusses einer der neun mächtigsten Männer Chinas und galt als Unberührbarer. Der heute 72-Jährige ist nach dem Schauprozess 1981 gegen die linksradikale „Viererbande“ um Mao-Witwe Jiang Qing der bisher höchstrangige Funktionär der Volksrepublik, der auf die Anklagebank kommt.

Neben Machtmissbrauch, Geheimnisverrat und Korruption wirft die Parteianklage ihm Vorteilsnahme für sich und seine Familie vor sowie sexuelle Ausschweifungen, Verhältnisse mit vielen Frauen und „mutmaßliche andere Verbrechen, die noch untersucht werden müssen“. Es ginge um „riesige Summen“. Die „Volkszeitung“ kommentierte, dass die Handlungen von Zhou „extrem üble Folgen“ hatten und dem Ansehen der Partei „gewaltig schadeten“. Peking werde die Aufklärung des Falles zum Anlass nehmen, die Kampagne zur Bekämpfung der wuchernden Korruption „in die Tiefe zu treiben“ und „dieses Gift bis auf die Knochen abzukratzen“. Die Parteizeitungen klärten den Vorwurf des „Geheimnisverrats“ nicht weiter auf. In den bisherigen Korruptionsprozessen war davon keine Rede. Auch nicht in dem Verfahren gegen den einstigen Chongqinger Parteichef und Mitglied des Politbüros, Bo Xilai. Er wurde im September 2013 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die neue Beschuldigung von Zhou, er hätte Parteigeheimnisse verraten, fachte im Internet alte Spekulationen und einstige Putschgerüchte wieder an. Zhou soll danach den damaligen Aufsteiger Bo, der ein Konkurrent des heutigen Parteichefs Xi Jinping um die Macht war, politisch protegiert haben. Er soll Bo in dem Moment verraten haben, in dem sich 2012 in der Pekinger Zentrale die Schlinge um den Chongqinger Parteichef zuzog. Zum Triumvirat der angeblichen Verschwörer hätte auch der inzwischen ebenfalls festgenommene Vizearmeechef und General Xu Caihou gehört. Hinter der jetzigen Abrechnung mit Zhou verberge sich daher nur ein innerparteilicher Machtkampf, den Parteichef Xi gewonnen habe. Andere Blogger spekulierten, dass die Verrats-Vorwürfe konstruiert seien. Pekings Führung hätte nur einen Vorwand gesucht, um den heiklen Prozess gegen Zhou mit Verweis auf die angeblichen Geheimnisse unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen zu können.