Brüssel. Der frühere polnische Ministerpräsident Donald Tusk ist neuer Präsident des Europäischen Rats. Er übernahm das Amt am Montag vom Belgier Herman Van Rompuy. Als EU-Ratspräsident hat Tusk künftig die Aufsicht über EU-Gipfel von Regierungschefs, die rund viermal im Jahr zusammenkommen, um langfristige Ziele oder den Umgang mit Krisen festzulegen. Der Personalwechsel macht zum einen den zunehmenden Einfluss Polens innerhalb der EU mit ihren 28 Mitgliedstaaten deutlich. Zum anderen ist er ein weiteres Zeichen des Wandels des Staatenbündnisses von einem westeuropäischen Wirtschaftsverband hin zu einer starken politischen Organisation, die rund 500 Millionen Menschen von Großbritannien bis an die Grenzen Russlands vereint.

Den Konflikt in der Ukraine und die schwierigen Beziehungen zu Moskau sieht der neue EU-Ratsvorsitzende als große Herausforderung während seiner Amtszeit. Mit seinem Widerstand gegen Russland hat Tusk in den USA einen wichtigen Verbündeten. Tusk sagte, die transatlantischen Beziehungen seien in der internationalen Politik unübertroffen – trotz der Empörung über die Spionageaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA gegen europäische Partner. „Das kommende Jahr wird entscheidend sein“, sagte Tusk. „Die Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten sind das Rückgrat der Gemeinde von Demokratien.“

Tusk gehört der ethnischen Minderheit der Kaschuben an. Geboren wurde der 57-Jährige in der Hafenstadt Danzig. Er ist ein Historiker mit einem speziellen Interesse an dem nach dem Ersten Weltkrieg regierenden Marschall der Zweiten Polnischen Republik, Jozef Pilsudski. Tusk war zunächst ein Aktivist in der polnischen Solidaritätsbewegung. Nach dem Sturz des Kommunismus betrat er 1989 die politische Bühne. Er ist Mitgründer der pro-europäischen Bürgerplattform PO. Von 2007 bis 2014 war er Regierungschef und unterhielt gute Beziehungen zu Kanzlerin Angela Merkel. Seine zweite Amtszeit verkürzte sich wegen des neuen Jobs in Brüssel um ein Jahr.