Jerusalem. Mit einem Mehrheitsbeschluss hat das israelische Regierungskabinett am Sonntag nach hitziger Debatte einen Gesetzentwurf zur verfassungsmäßigen Verankerung des Charakters Israels als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ auf den Weg gebracht. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen votierten vierzehn Minister für und sechs gegen das Vorhaben. Zuvor sei heftig darüber gestritten worden. Kritiker sehen die Gefahr, dass das neue Grundgesetz den demokratischen Verfassungscharakter des Landes aushöhlen könnte.

Das israelische Parlament wird sich ab Mittwoch in mehreren Lesungen mit unterschiedlich radikalen Versionen des neuen Gesetzes befassen. Ein Entwurf des Abgeordneten Seev Elkin aus der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht explizit vor, dass die Wahrung der jüdischen Identität des Staates Israel Vorrang vor seinem demokratischen Charakter haben soll, wenn sich beide Werte widersprechen. Die arabische Sprache soll demnach ihren Status als zweite offizielle Landessprache verlieren. Politische Repräsentanten der 1,6 Millionen arabischen Bürger Israels, die ein Fünftel der Einwohnerschaft stellen, befürchten, dass das Gesetzesvorhaben den verfassungsrechtlichen Boden für Diskriminierung bereiten könnte. Die liberale Justizministerin Zipi Livni hatte vor einer Woche das Gesetzgebungsverfahren zunächst blockiert und stimmte wie fünf weitere Minister aus Mitte-Parteien vergeblich dagegen.

Erstmals seit Ende des Gaza-Kriegs vor drei Monaten ist am Sonntag ein Palästinenser an der Grenze zu Israel erschossen worden. Zwei verdächtige Palästinenser an der Grenze zum Gazastreifen hätten mehrere Warnrufe ignoriert, sagte eine israelische Armeesprecherin. Die Soldaten hätten daraufhin auf ihre Beine gezielt und einen von ihnen getroffen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte Israel auf, die Zerstörung von Häusern palästinensischer Attentäter sofort auszusetzen. Diese Praxis bestrafe ganze Familien und damit auch „vorsätzlich und widerrechtlich Menschen, die keines Fehlverhaltens beschuldigt werden“.