„Speerspitze“ des Bündnisses soll stärker ausgebaut werden

Brüssel/London. Angesichts der zunehmenden Zahl russischer Militärmanöver will die Nato Stärke demonstrieren und schnell handeln. Die Außenminister der Nato-Staaten planen nach Abendblatt-Informationen, beim nächsten Treffen im Dezember eine sogenannte Schnelle Eingreiftruppe ins Leben zu rufen – mit Deutschland an der Spitze. „Das ist ein klares Zeichen an unsere Verbündeten im Osten. Und an Moskau“, sagte ein hoher Nato-Vertreter.

Deutschland führt 2015 turnusgemäß die Landstreitkräfte in der sogenannten Nato Response Force (NRF), eine spezielle Eingreiftruppe der Allianz, die 2004 für Krisenfälle eingerichtet wurde. Der Nato-Gipfel Anfang September in Wales hatte beschlossen, diese Truppe signifikant auszubauen und sie um eine schnell einsatzfähige „Speerspitze“ zu erweitern. Ziel ist es, die Reaktionsfähigkeit des Bündnisses massiv zu erhöhen, damit es sich binnen weniger Tage gegen eine Bedrohung des Bündnisgebiets durch Moskau verteidigen kann.

Der endgültige Ausbau der neuen Nato-Elitetruppe wird – entgegen ursprünglicher Planungen – voraussichtlich frühestens im Frühjahr 2016 abgeschlossen sein, eventuell auch später. Damit bis dahin kein Vakuum entsteht, soll Anfang 2015 als Überbrückung eine Schnelle Eingreiftruppe eingerichtet werden. Die Führung soll beim Deutsch-Niederländischen Korps in Münster liegen, das sich ein Jahr lang mit mehreren Tausend Soldaten beteiligen wird.

Diese Landstreitkräfte werden – je nach Bedarf – durch Luft- und Marineeinheiten aus Frankreich und Spanien ergänzt. „2015 wird die Testphase für die neue Speerspitze sein“, hieß es in Nato-Kreisen. Unter deutscher Führung soll sie vor allem Übungen durchführen und im September 2015 am Nato-Großmanöver „Trident Juncture“ in Italien, Spanien und Portugal teilnehmen. Im Ernstfall würde sie aber auch in den Grenzgebieten zu Russland schnell zum Einsatz kommen.

Besonders die US-Regierung macht vor dem Hintergrund russischer Aggression Druck, so schnell wie möglich eine starke Nato-Präsenz in den östlichen Staaten sicherzustellen. In Polen und den baltischen Staaten herrscht Angst, dass Russland nach dem Vorbild Ukraine auch die russische Minderheit in den Nato-Staaten zu instrumentalisieren versucht, um das Militärbündnis und die Europäische Union zu destabilisieren. Deshalb drängen außer Amerikanern auch Franzosen und Briten darauf, schon jetzt ein handfestes Signal Richtung Moskau zu senden.

Für die Bundeswehr sind Führungsaufgaben innerhalb des Bündnisses kein Neuland. Deutschland hat bereits im Rahmen des Nato-Kampfeinsatzes in Afghanistan die Aufgabe einer Führungsnation übernommen.