Obama verspricht beim Apec-Gipfel Chinesen leichtere Visa – und Putin richtet den Blick nach Asien

Peking. Die Staaten des Asien-Pazifik-Raumes rücken enger zusammen, um ihre wirtschaftliche Kooperation voranzutreiben. Der Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in Peking sah eine versöhnliche Geste zwischen den Rivalen China und Japan sowie Fortschritte in den Bemühungen für freieren Handel in der Region, die fast die Hälfte des Welthandels abwickelt. Trotz der Differenzen mit Peking versicherte US-Präsident Barack Obama, die USA wollten mit China zusammenarbeiten. „Wir heißen den Aufstieg eines wohlhabenden, friedlichen Chinas willkommen“, sagte der Präsident in einer Rede vor Wirtschaftsführern der 21 Pazifik-Anrainer. „Amerika ist eine durch und durch pazifische Nation. Wir hatten immer eine geschichtliche Nähe zu Asien“, sagte Obama weiter. „Und unsere Zukunft – sowohl in Bezug auf die Sicherheit als auch auf unseren Wohlstand – ist mit Asien unauflösbar verknüpft.“

China ist in ähnlicher Weise auf den Handel mit der stärksten Volkswirtschaft der Welt angewiesen. Aber eine von manchen Beobachtern vor wenigen Jahren erwartete „G2“-Sonderbeziehung, in der die alte und die aufstrebende Großmacht in enger Abstimmung globale Probleme angehen würden, ist in weite Ferne gerückt. Obama reist wenige Tage nach einer desaströsen Niederlage bei den Zwischenwahlen und damit in einer Phase persönlicher Schwäche zu einem Gipfel, dessen Gastgeber eine zunehmend selbstbewusste Attitude an den Tag legt.

Mit Putins Russland hatte China erst am Tag zuvor eine Absichtserklärung über den Bau einer weiteren Pipeline unterzeichnet; im Mai vereinbarten beide Staaten die Lieferung von 38 Millionen Kubikmetern russischen Erdgases ab 2018. Für Peking sichert dies den dringend benötigten Nachschub an Energie beim Ausbau der Wirtschaft, und Moskau sieht in dem Geschäft eine Rückversicherung angesichts der Ankündigungen der Europäischen Union, die Abhängigkeit von russischem Erdgas wegen der Ukraine-Krise zu reduzieren.

Die neue-alte Rivalität zwischen Washington und Moskau ist nur eine der Herausforderungen für Obama bei seinem zweiten Peking-Besuch. Kurz nach seinem Amtsantritt 2009 hatte er sich als „erster pazifischer Präsident“ der USA etikettiert und einen speziellen Asien-Ansatz seiner Außenpolitik angekündigt. Doch die Umbrüche in Nahost und im arabischen Staatenraum, Moskaus Annexion der Krim, der Vormarsch islamistischer Terrormilizen in Syrien und im Irak und zuletzt der erneute Ausbruch von Ebola-Infektionen in Afrika und darüber hinaus hat das Weiße Haus von diesem Thema massiv abgelenkt. Politische Grabenkämpfe an der Heimatfront kamen hinzu. Dass Obama voriges Jahr wegen des Shutdowns, des Regierungsstillstands infolge von Haushaltsstreitigkeiten zwischen Demokraten und Republikanern, seine Teilnahme am Apec-Gipfel in Indonesien absagte, mag China gern gesehen haben. Aber für jene Staaten der Region, die Nähe zur USA suchen, von Japan über Südkorea bis neuerdings Birma, dürfte diese Prioritätensetzung Obamas irritierend gewesen sein.

Sie sehen sich mit einem erstarkten China konfrontiert, das aus seiner faktischen Insellage erkennbar herauswill und sich zunehmend als maritime Handelsnation begreift. Der Konflikt mit Tokio über eine kleine Inselgruppe im südchinesischen Meer wurde denn auch durch ein Händeschütteln von Xi mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe am Montag keineswegs ausgeräumt.

Zu kurz war die nur 25 Minuten lange Begegnung, zu eisig Xis Miene und zu gewichtig ist der dahinterliegende Interessenkonflikt. Während sich Japan zumindest mittelfristig durch die neuen Ambitionen Chinas bedroht sieht, reklamiert Peking seine eigenen Handelswege und will den Einfluss der USA in der Region zurückdrängen.

In Artikel und Spiegelstriche gegossen wird das Gerangel zwischen Washington und Peking durch den Streit über geplante Abkommen. Seit 2005 verhandeln die USA und zwölf Anrainerstaaten, von Kanada über Peru bis Japan, Brunei und Vietnam, über das Freihandelsabkommen TTP (Transpazifische Partnerschaft), das China ausschließen würde. Peking wiederum geht seit einiger Zeit ausgesprochen grob mit Konzernen aus den USA und der EU um, die vor wenigen Jahren mit vollmundigen Versprechen zu umfangreichen Investitionen eingeladen wurden. Jetzt sehen sie sich mit den Vorwürfen von Steuerhinterziehung oder illegalen Arbeitspraktiken und Hausdurchsuchungen auf fragwürdiger juristischer Basis konfrontiert.

Die Obama-Administration hat sich dazu bislang kaum geäußert. Aber Washington hat Vorschläge Pekings für einen Freihandelsplan für die Gesamtregion (FTAAP, Free Trade Area of the Asia Pacific) innerhalb der Apec zunächst in eine zweijährige Beratungsrunde geschickt. Das ist Interessenpolitik, wie sie unter großen Mächten üblich ist. Da bleibt als positive Nachricht zunächst nur, dass der Himmel über Peking blauer ist als sonst, weil die Regierung für die Dauer des Gipfels zahlreichen Fabriken einen Produktions- und Emissionsstopp verordnete.