Neue Spannungen nach Tod eines arabischen Israeli durch Polizeischüsse

Ramallah. Die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat sich auf ihrer ersten Amtsreise in den Nahen Osten für die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates mit Ostjerusalem als Hauptstadt ausgesprochen. Jerusalem könne zugleich auch Hauptstadt Israels sein, sagte Mogherini bei einem Besuch in den Palästinensergebieten. „Wir brauchen einen palästinensischen Staat – das ist letztlich das Ziel, und das ist die Position der gesamten Europäischen Union“, sagte Mogherini, die ihr Amt als EU-Chefdiplomatin am 1. November offiziell angetreten hatte. Nur durch eine Zwei-Staaten-Lösung könne der jahrzehntelange Nahost-Konflikt dauerhaft befriedet werden.

Im Gazastreifen, wo die Italienerin am Sonnabend zunächst Station machte, waren beim jüngsten Sieben-Wochen-Krieg mit Israel von Juli bis August mehr als 2140 Palästinenser und 73 Israelis getötet worden. Die Welt könne einen weiteren Krieg „nicht ertragen“, sagte Mogherini. Später reiste sie weiter ins Westjordanland und gab dort eine Pressekonferenz mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Rami Hamdallah, auf der sie Jerusalem als geteilte Hauptstadt ins Spiel brachte.

In der Europäischen Union erkennen Bulgarien, Malta, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn, Zypern und Schweden einen Palästinenserstaat offiziell an. Auf die Frage, ob auch die EU als Ganzes zu einem solchen Schritt bereit wäre, antwortete Mogherini, das gehöre „nicht zu den Kompetenzen“ der Europäischen Union. Allerdings werde sie mit allen 28 Mitgliedstaaten über eine mögliche Anerkennung verhandeln.

Am Sonntag wurde die israelische Polizei in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, weil in den von Arabern bewohnten Orten des Landes mit Ausschreitungen gerechnet wurde. Anlass sind die tödlichen Schüsse von Polizisten auf einen 22-jährigen Araber im Dorf Kfar Kana. Nach Darstellung der Polizei hatte der Mann die Festnahme eines Verwandten zu verhindern versucht und die Polizisten mit einem Messer bedroht. Laut seiner Familie wurde er hingegen auf der Flucht „kaltblütig ermordet“. Derzeit gibt es wieder erhebliche Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern, die sich vor allem auf den arabischen Ostteil Jerusalems konzentrieren. Die arabischen Städte waren von den jüngsten Ausschreitungen bislang verschont geblieben.

Die Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte nach einer Reihe von Anschlägen die für Dienstag geplante Gedenkfeier für den früheren Palästinenserchef Jassir Arafat ab. Für die Veranstaltung zum zehnten Todestag Arafats könne die im Gazastreifen regierende und mit der Fatah verfeindete Hamas nicht die Sicherheit gewährleisten.