Mexiko-Stadt. Im Fall der seit sechs Wochen vermissten Studenten in Mexiko schlägt die Wut der Menschen zunehmend in Gewalt um: In der Hauptstadt Mexiko-Stadt versuchten vermummte Angreifer am Wochenende, den Nationalpalast zu stürmen. Zuvor hatten drei mutmaßliche Drogengangster die Ermordung der 43 Lehramtsstudenten gestanden.

„Sie nahmen sie lebend, lebend wollen wir sie zurück“, rief eine Menge wütender Demonstranten in Chilpancingo, der Hauptstadt des südwestlichen Bundesstaats Guerrero, in dem die Studenten entführt worden waren. Mehr als 300 Studenten warfen Steine und Brandsätze auf den örtlichen Regierungssitz und steckten zehn Fahrzeuge in Brand, darunter Lastwagen und ein Polizeiauto. Schon im Oktober war der Regierungssitz bei Protesten gegen die Verschleppung der 43 Lehramtsstudenten teilweise in Brand gesteckt worden. Die jungen Männer waren am 26. September von der Polizei festgenommen und anschließend der verbündeten Drogenbande Guerreros Unidos übergeben worden.

Generalstaatsanwalt Jesus Murillo Karam teilte mit, drei Mitglieder der Drogenbande hätten in Haft gestanden, die Studenten getötet und ihre Leichen auf einer Müllkippe verbrannt zu haben. Demnach wurden die Überreste in Säcke gesteckt und in einem Fluss versenkt. Die Angehörigen der Vermissten reagierten misstrauisch. Solange das Gegenteil nicht bewiesen sei, „sind unsere Söhne noch am Leben“, sagte ein Sprecher der Familien.

Der Fall der Studenten wirft ein Schlaglicht auf die Drogengewalt in Mexiko, der seit 2006 mindestens 80.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Bürgermeister der Stadt Iguala, José Luis Abarca, das Vorgehen gegen die Studenten anordnete, um zu verhindern, dass sie eine Rede seiner Frau stören. Nach mehrwöchiger Flucht wurde das Paar, das Verbindungen zur Drogenmafia unterhalten soll, am vergangenen Dienstag in Mexiko-Stadt gefasst. Insgesamt gab es bislang 74 Festnahmen in dem Fall, darunter 36 Polizisten und mehrere Mitglieder von Guerreros Unidos. Im Oktober hatten bereits zwei Auftragsmörder ausgesagt, 17 der Studenten getötet und vergraben zu haben. Eine Untersuchung von 28 der Leichen in dem Grab ergab aber, dass es sich nicht um die vermissten Studenten handelte.