Neue US-Luftschläge auf die islamistische Terrormiliz. Angeblich britische Elitesoldaten auf dem Weg nach Syrien

Washington/Bagdad. Amerikanische Kampfbomber haben am Wochenende im Nordwesten des Irak einen Konvoi der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) angegriffen. Dabei sind möglicherweise Führungskader der Miliz getötet worden. Wie die „New York Times“ unter Berufung auf irakische Militärs berichtet, richtete sich einer der Luftschläge gegen ein mutmaßliches Treffen von IS-Führern in der Nähe der Stadt Qaim. Die Gegend an der syrischen Grenze liegt im Zentrum des Gebiets, das die Terrorgruppe als neues „Kalifat“ beansprucht. Nach Angaben der irakischen Militärs sind bei dem Angriff zahlreiche islamistische Kämpfer getötet worden, darunter zwei IS-Provinz-Gouverneure. Es soll sich um den „Wali“, also den IS-Regenten der Provinz Anbar, Abu Mohammed al-Sweidawi, und den Gouverneur der syrischen Provinz Deir al-Sur, Abu Sahra al-Mahamdi, handeln. Laut dem irakischen Fernsehensoll auch IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi getötet oder zumindest verwundet worden sein. Das irakische Militär bestätigte dies aber nicht.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums bestätigte unterdessen, dass die amerikanische Luftwaffe gemeinsam mit Verbündeten der Anti-IS-Koalition Luftschläge durchgeführt hätte. Diese hätten sich gegen ein Ziel gerichtet, das man als Ort einer „Zusammenkunft von IS-Führern eingestuft“ habe. Bei dem Angriff sei zudem ein Konvoi von zehn Trucks zerstört worden. Dem Sprecher zufolge fand dieser Angriff jedoch nahe der Stadt Mossul statt. Die irakischen Militärs hatten von einem Angriff bei Qaim gesprochen. Mossul ist von Qaim allerdings fast 300 Kilometer entfernt. Es ist also unklar, ob es sich um denselben Angriff handelte. Experten bezweifeln zudem, dass die IS-Führung gemeinsam in einem Konvoi spazieren fährt.

Irakische Soldaten rückten nach Angaben eines Offiziers am Sonntag ins Zentrum der seit Juni von den Extremisten besetzten Industriestadt Baidschi ein. Ganz in der Nähe befindet sich die vom IS belagerte größte Erdölraffinerie des Golfstaates. In Baidschi tobten Augenzeugen zufolge schwere Kämpfe. „Ich höre, wie ständig geschossen wird und es laut knallt“, sagte Sultan al-Dschanabi in einem Telefonat. „Das geht seit einer Stunde so ohne Unterbrechung.“ Ein Oberst sagte, die Soldaten seien von Süden und Westen eingerückt und kontrollierten inzwischen etwa 40 Prozent des Zentrums der 200.000-Einwohner-Stadt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Armee hatte Ende Oktober ihre Strategie geändert und mit Unterstützung schiitischer Milizen und Hubschraubern Baidschi vom Westen her eingekreist. Ziel ist die Rückeroberung der Stadt.

Außerdem sollen die Soldaten verhindern, dass die wenige Kilometer entfernte Raffinerie in die Hände der Extremisten fällt, die ihren Kampf unter anderem mit eroberten Ölvorräten- und Produkten finanzieren. Der IS belagert die Anlage seit Sommer. Der Verlust Baidschis wäre ein herber Rückschlag für den IS, für den die Stadt eine wichtige Nachschubbasis ist. Seit mehreren Wochen bombardieren Kampfbomber der US-Streitkräfte und ihrer Verbündeten Stellungen des IS in Syrien und im Irak, um die Terrorgruppe zurückzuschlagen.

Wie erfolgreich diese Strategie ist, lässt sich bislang nicht eindeutig erkennen. Am vergangenen Donnerstag bombardierte die amerikanische Luftwaffe in der nordsyrischen Provinz Idlib etwa Stellungen der Al-Nusra-Front, die al-Qaida nahesteht. Die Angriffe richteten sich jedoch auch gegen Stellungen der Gruppe Ahrar al-Scham. Die wiederum gelten im Kontext des syrischen Durcheinanders als vergleichsweise gemäßigte Assad-Gegner. Die Bombenangriffe könnten daher zu einer Verbrüderung bislang verfeindeter Gruppen führen. Militärexperten bezweifeln, dass es gelingen kann, die Ausbreitung des IS allein durch Luftangriffe zu stoppen. So erklärt sich die Entscheidung Obamas, weitere 1500 US-Soldaten in den Irak zu entsenden, um dort die Ausbildung irakischer Truppen zu intensivieren, die den IS am Boden bekämpfen sollen.

Unterdessen haben anscheinend auch die Briten eine Boden-Operation in Syrien eingeleitet. Nach einem Bericht des Boulevardblattes „Daily Mail“ sollen Spezialkräfte des SAS aus Großbritannien zu einer „Basis im Nahen Osten“ aufgebrochen sein, um von dort aus einen Einsatz in Syrien vorzubereiten, mit dem Ziel den britischen Dschihadisten „Jihadi John“ auszuschalten, der mindestens zwei britische Geiseln enthauptet hat. Laut „Daily Mail“ könnte der SAS-Einsatz auch auf einen Versuch hinauslaufen, die vom IS festgehaltene britische Geisel John Cantlie zu befreien. Ob die Berichterstattung der Zeitung die Durchführung derartiger Missionen erleichtert, darf allerdings bezweifelt werden.

Im syrischen Bürgerkrieg geht das Assad-Regime weiter mit großer Härte gegen seine Gegner vor. Am Sonntag starben nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beim Abwurf von Fassbomben nahe Aleppo mindestens 21 Menschen, 14 weitere wurden am Vortag bei Luftschlägen nahe Damaskus getötet. Unter den Toten befänden sich eine Frau und ein Kind. Die Fassbomben seien aus Hubschraubern und von Kampffliegern abgeworfen worden.

Aleppo gehört zu den am härtesten umkämpften Orten im syrischen Bürgerkrieg. Auch in der vom IS belagerten nordsyrischen Stadt Kobane gingen die Kämpfe am Wochenende weiter. Die IS-Miliz habe dabei ein kurdisches Flüchtlingslager im Westen der Stadt mit Mörsergranaten beschossen.