Zwei Jahre nach den Präsidentschaftswahlen stehen die sogenannten „Midterm-Elections“ an. Am heutigen Dienstag ist es wieder soweit: Wer kontrolliert den Senat? Können die Republikaner ihre Mehrheit ausbauen? Ein Leitfaden

Washington. Immer zwei Jahre nach den Präsidentschaftswahlen stehen in den USA die Midterm-Elections an. Bei den vielen unterschiedlichen Dingen, über die die amerikanischen Wähler am heutigen Dienstag entscheiden werden, kann man leicht den Überblick verlieren. Worum geht es bei diesen Zwischenwahlen eigentlich?

Was wird gewählt?

Es stehen 36 der insgesamt 100 Senatssitze zur Wahl, alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus, 39 Gouverneure in 36 Staaten und drei Überseeterritorien, 46 Parlamente in den Bundesstaaten plus vier in den Überseeterritorien. Zudem werden im ganzen Land zahlreiche Bürgermeister und andere Wahlämter neu bestimmt, und es stehen insgesamt 147 Volksentscheide zur Wahl.

Worum geht es politisch?

Seit den Zwischenwahlen von 2010 kontrollieren die Republikaner das Repräsentantenhaus, während die Demokraten den Senat halten konnten, die zweite Kammer des Parlaments. Bei diesen Zwischenwahlen wollen die Republikaner nun auch den Senat übernehmen, um so den Gesetzgebungsprozess ganz in ihrer Hand zu haben. Präsident Barack Obama würde so zur „lahmen Ente“ werden und gezwungen sein, öfter von seinem Vetorecht Gebrauch zu machen, um ihm nicht genehme Gesetze zu verhindern. Eine Ausweitung der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus würde den Republikanern dazu noch ermöglichen, die Wahlkreise freier zu ihren Gunsten zuzuschneiden für künftige Wahlen. Zusammengenommen würde dies die Chancen der Republikaner, in zwei Jahren auch den nächsten Präsidenten zu stellen, deutlich verbessern.

Welche Themen bestimmten den Wahlkampf?

Es gab kein vorherrschendes inhaltliches Thema. Deshalb wurde die Obama-Müdigkeit sowie die Abscheu der Amerikaner gegenüber der Lähmung des politischen Systems in Washington zum eigentlichen Thema. Die Republikaner versuchten, die niedrigen Zustimmungswerte des Präsidenten (um 42 Prozent) für sich zu nutzen, indem sie demokratischen Kandidaten Nähe zum Präsidenten und seiner Agenda vorwarfen. Besonders in umkämpften Wahlbezirken versuchten demokratische Kandidaten hingegen, möglichst große Distanz zum unbeliebten Präsidenten herzustellen. Obama selbst hielt sich von diesen Staaten fern und trat nur in Bezirken auf, die fest in demokratischer Hand sind. Allerdings erwies er seinen Demokraten einen Bärendienst, weil er mehrfach darauf hinwies, dass am Dienstag auch über seine Politik abgestimmt wird – während um ihre politische Zukunft fürchtende Kandidaten seiner Partei lieber betonen, es gehe um lokale Anliegen.

Was sagen die Umfragen?

Die Republikaner liegen landesweit sechs Prozentpunkte vor den Demokraten. Die Wahlen werden jedoch nach dem Mehrheitsprinzip in den jeweiligen Staaten entschieden. Das macht Vorhersagen schwieriger. Die Analyse-Webseite RealClearPolitics sieht immer noch acht Senatsrennen als offen an. Drei wichtige Wahlmodelle gehen derzeit mit etwa 70 Prozent Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Republikaner den Senat übernehmen könnten. Aber ob es am Ende 50 zu 49 (plus der Unabhängige Greg Orman in Kansas) ausgeht oder 51 zu 49 oder 52 zu 48 oder sogar höher, weiß niemand. Für das Abgeordnetenhaus wird erwartet, dass die Republikaner ihre Mehrheit dort um weitere acht bis zehn Sitze werden ausbauen können.

Wie verhalten sich die Wähler?

Amerikanische Wähler benutzen die Zwischenwahlen traditionell dazu, der regierenden Partei im Weißen Haus einen Denkzettel zu verpassen. Das Interesse an Zwischenwahlen und die Wahlbeteiligung ist in der Regel niedriger als bei Präsidentenwahlen. Allerdings ist dieses Desinteresse nicht gleichmäßig verteilt, was bei diesen Zwischenwahlen ebenfalls gegen die Demokraten spricht. Wichtige Gruppen der „Obama-Koalition“, etwa Minderheiten oder junge Wähler, bleiben den Urnen eher fern als weiße und ältere Bürger, die zum klassischen Wählerreservoir der Republikaner gehören.

Wann weiß man, wie die Wahl ausging?

Das hängt davon ab, wie viele Senatssitze die Republikaner früh gewinnen können. Das Problem besteht in der Größe des Landes und den großen Zeitunterschieden. In Alaska etwa, auch ein umkämpftes Senatsrennen, schließen die Wahllokale erst um Mitternacht Washingtoner Zeit, also sechs Uhr morgens am Mittwoch deutscher Zeit, im westlichen Teil Alaskas sogar noch eine Stunde später. Möglicherweise wird der Wahlkampf aber noch einige Wochen andauern. Wenn in Georgia und Louisiana kein Kandidat über 50 Prozent kommt, was wahrscheinlich ist, weil dort jeweils drei Kandidaten antreten, dann sehen die Verfassungen beider Staaten eine Stichwahl vor. Diese würde in Louisiana am 6. Dezember und in Georgia nicht vor dem 6. Januar stattfinden. Es ist also möglich, dass man bis zum neuen Jahr nicht weiß, welche Partei den Senat kontrolliert.

Worüber wird sonst noch abgestimmt?

Viele Staaten benutzen den Wahltag, um Referenden zur Abstimmung zu bringen. Die wichtigsten: Alaska, Oregon und der District of Columbia stimmen darüber ab, ob Marihuana legalisiert werden soll. In Florida wird über die Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke entschieden. In Colorado sollen die Wähler abstimmen, ob ungeborenen Föten ein Persönlichkeitsrecht zugestanden werden soll, Ähnliches steht in North Dakota und Tennessee zur Wahl. Im Staat Washington stehen zwei Vorschläge zur Regulierung von Schusswaffen gegeneinander und in Colorado und Oregon sollen die Wähler entscheiden, ob genetisch veränderte Lebensmittel als solche gekennzeichnet werden sollen. In Alaska, Arkansas, Nebraska, South Dakota und Illinois wird über die Höhe des Mindestlohns abgestimmt und Georgia will die Deckelung künftiger Steuererhöhungen in die Verfassung aufnehmen, um Investoren zu versichern, dass der Staat auch in Zukunft niedrigen Steuersätzen verpflichtet bleibt.