Wahlkampffinale mit Korruptionsvorwürfen gegen die Amtsinhaberin

Brasília. 143 Millionen Menschen haben am Sonntag in Brasilien die Möglichkeit gehabt, das neue Staatsoberhaupt des größten Landes Lateinamerikas zu bestimmen. In der Stichwahl traten die Amtsinhaberin Dilma Rousseff von der gemäßigt linken Arbeiterpartei (PT) und Aécio Neves von der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSDB) gegeneinander an. Gewählt wurden in 14 von 27 Bundesstaaten auch die Gouverneure.

Der Wahlkampf war geprägt von einem heftigen Schlagabtausch der beiden Kandidaten und erheblichen Schwankungen in den Umfragen. Die erste Runde am 5. Oktober hatte die 66-jährige Rousseff mit 41,5 Prozent vor dem 54-jährigen Neves mit 34 Prozent für sich entschieden. Der wirtschaftsnahe Neves hatte im ersten Durchgang überraschend besser abgeschnitten als die auf Platz zwei gesetzte Sozialliberale Marina Silva, die unter Rousseffs Vorgänger und Parteifreund, Ex-Staatschef Lula, Umweltministerin gewesen war. Silva, die mehr als 20 Jahre lang selbst Mitglied der Arbeiterpartei war, rief ihre Anhänger auf, am Sonntag für Neves zu stimmen.

Korruption war eines der wichtigen Wahlkampfthemen. Vor allem Neves versuchte, aus einer Reihe von Skandalen im Lager der Arbeiterpartei Profit zu schlagen. Neves warf Rousseff in dem am Freitagabend von Millionen Zuschauern verfolgten letzten Fernsehduell auf TV Globo vor, den „schmutzigsten Wahlkampf in der Geschichte“ des Landes geführt zu haben. Pünktlich vor der Debatte hatte die Wochenzeitung „Veja“ geschrieben, Rousseff und ihr Vorgänger Lula seien über ein gewaltiges Korruptionssystem beim Ölkonzern Petrobras bestens unterrichtet gewesen.

Rousseff wies die Anschuldigungen als „Verleumdung und Rufmord“ zurück und kündigte juristische Schritte gegen das Blatt an. Sie warf Neves vor, Brasilien mit seinem Programm „zurückwerfen“ zu wollen.

Am Sonntag sagte Rousseff bei der Stimmabgabe in der 2000 Kilometer südlich von Brasília gelegenen Stadt Porto Alegre, ein Glas Matetee in der Hand: „Wir stimmen für ein Brasilien mit mehr Gleichheit und mit mehr Möglichkeiten.“ Brasilien habe die „Wahl zwischen zwei Projekten“. Ihr Projekt sei mehr Wachstum sowie ein besseres Bildungs- und Gesundheitssystem. Die Arbeiterpartei hält sich unter anderem zugute, in den vergangenen zwölf Jahren unter ihrer Regierung rund 36 Millionen Bürger aus der Armut geholt zu haben.