Zusammenarbeit der EU mit der Türkei gegen IS soll verstärkt werden. Demokratiedefizite kritisiert

Brüssel. Die Europäische Union will mit der Türkei enger im Kampf gegen die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) und für die Rückkehr von Syrien-Kämpfern zusammenarbeiten. In einem in Brüssel vorgelegten Fortschrittsbericht zu den EU-Beitrittsgesprächen mit Ankara wird auf die „strategische Position“ der Türkei zwischen Europa, dem Nahen Osten und der südlichen Grenze der russischen Einflusszone verwiesen.

Angesichts der Krise vor allem in Syrien und im Irak sei eine Zusammenarbeit mit der Türkei in der Außen- und Flüchtlingspolitik sowie bei der Energiesicherheit „noch entscheidender“ und „wichtig“. „Es ist also essenziell, dass die Beitrittsverhandlungen der wichtigste Motor unserer Beziehungen bleiben“, hob EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle vor dem europäischen Parlament hervor.

Der Dialog müsse genutzt werden, um eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen den IS und dessen Finanzierung zu erreichen. Dieser Dialog müsse auch insbesondere hinsichtlich der aus Europa kommenden IS-Kämpfer „verstärkt“ werden. In dem Bericht wird die Türkei auch „ermutigt“, den Friedensprozess mit den kurdischen Rebellen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) fortzusetzen.

Allerdings listet Brüssel eine ganze Reihe von Demokratiedefiziten in der Türkei auf. Genannt werden etwa die Unabhängigkeit der Justiz und der Schutz der Meinungsfreiheit. „Es ist jetzt an der Türkei, konkrete Fortschritte zu zeigen“, sagte Füle.

Die EU-Kommission warnt Deutschland und andere Mitgliedstaaten vor einer Blockade der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Nichts sei besser geeignet als der Beitrittsprozess, um Reformen anzustoßen und Kooperationsprojekte im Interesse der EU voranzubringen. Um die türkische Regierung zu einem EU-freundlichen Kurs zu ermuntern, sprach sich Füle erneut für eine Ausweitung der Beitrittsverhandlungen aus. „Dies würde der Türkei einen klaren Plan für Reformen auf Basis europäischer Standards liefern“, erklärte der Tscheche in Brüssel.

Bislang verhandelt die EU mit der Türkei nicht über Beitrittsvoraussetzungen in Bereichen Grundrechte, Justiz und Rechtsstaatlichkeit. Eine ganze Reihe von bereits geöffneten Verhandlungskapiteln ist zudem aus politischen Gründen blockiert. Über acht Bereiche soll nach einem Beschluss der EU-Regierungen erst verhandelt werden, wenn die Türkei ein Assoziierungsabkommen mit der EU auch auf Zypern ausweitet. Im Norden des EU-Mitglieds Zypern hat sich eine nur von der Türkei anerkannte türkische Republik abgespalten. Von Zypern werden sechs Verhandlungskapitel blockiert.

Vor allem konservative Parteien in der EU stehen den Beitrittsverhandlungen äußert kritisch gegenüber. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber erklärte, die Empfehlung der Kommission zur Ausweitung der Verhandlungen sei „das absolut falsche Signal zum komplett falschen Zeitpunkt“. Die EU lasse sich von der Türkei „seit Jahren an der Nase herumführen“, hob er mit Blick auf die Demokratieprobleme in dem Land hervor. Für die Grünen nannte Manuel Sarrazin die Empfehlungen hingegen „richtig“.