Protestaktionen in Europa. In Hamburg legen Aktivisten den Hauptbahnhof lahm. Türkei will nicht in Kämpfe eingreifen

Ankara/Hamburg. Die IS-Terrormiliz steht vor den Toren der Nato: Trotz der US-geführten Luftangriffe und heftiger Gegenwehr der Kurden dringen die Kämpfer des Islamischen Staates immer weiter in die nordsyrische Kurdenstadt Kobane vor. Beide Seiten lieferten sich im Süden und Westen der Stadt, die direkt an der türkischen Grenze liegt und die letzte kurdische Bastion der Region ist, erbitterte Straßengefechte. An vielen Stellen hissten die selbst ernannten „Gotteskrieger“, die im Nahen Osten ein Kalifat errichten wollen, ihre schwarze Flagge.

„Kobane darf nicht fallen!“ Unter diesem Motto versuchen Kurden jetzt mit Protestaktionen die westlichen Regierungen zum sofortigen Einschreiten zu bewegen. Im Hamburger Hauptbahnhof setzten sich am Dienstagnachmittag Dutzende kurdische Aktivisten auf mehrere Gleise und blockierten den Bahnverkehr. Nach einer Stunde beendeten die Männer ihre Aktion und verließen den Bahnhof wieder. Zuvor war eine Demonstration in der Innenstadt friedlich verlaufen. Am Montagabend dagegen kam es nach Protesten auf dem Rathausmarkt zu Ausschreitungen. Mehrere Autos und ein türkischer Imbiss wurden demoliert.

Auch in anderen deutschen und europäischen Städten demonstrierten Kurden. In Brüssel drang eine Gruppe in das Europaparlament ein und ließ sich zu einem Sit-in nieder.

Die Wut der Kurden richtet sich vor allem gegen die Türkei, die den Kämpfen – so der Vorwurf – tatenlos zusehe, obwohl Ankara über die zweitgrößte Armee in der Nato verfügt und zahlreiche Truppenverbände an der Grenze stationiert hat. In einer Rede vor syrischen Flüchtlingen räumte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gestern ein, dass Kobane „vor dem Fall“ stehe. „Nur durch Luftangriffe kann man diesem Terror kein Ende setzen“, so Erdogan. Er forderte erneut die Bildung einer Schutz- und einer Flugverbotszone in Syrien. Zu einem möglichen militärischen Eingreifen äußerte er sich nicht. Kritiker werfen der Regierung in Ankara vor, immer noch Kurden für den größten Feind der Türkei zu halten.

In Kobane brachten kurdische „Volksschutzeinheiten“ die letzten noch in der Stadt verbliebenen Zivilisten an die nahe gelegene Grenze. Die IS-Kämpfer haben seit September mehr als 300 Dörfer im Umland von Kobane eingenommen, rund 185.000 Menschen flohen in die Türkei. Etwa 5000 Kurden stellen sich derzeit den IS-Extremisten entgegen.