Jerusalem. Aufgeschreckt hat die israelische Regierung am Dienstag darauf reagiert, dass Auswanderer ihre Landsleute auffordern, ihnen nach Berlin zu folgen. Auf einer Facebook-Seite propagieren die jüdischen Neuberliner, angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in Israel in die deutsche Hauptstadt umzuziehen. Dass Berlin mit seinem geschichtlichen Erbe der Zufluchtsort für Juden sein soll, verstört aber in Israel viele – die Regierung versprach umgehend, die Lebensmittelpreise zu senken.

Ein Schokoladenpudding mit Sahnehaube steht derzeit im Mittelpunkt der politischen Debatten in Israel: In einer Berliner Aldi-Filiale kostet er viermal weniger als im günstigsten Discounterladen von Tel Aviv oder Jerusalem. Darauf verweist die Facebook-Gruppe „Olim LeBerlin“, die anbietet, „beim Ausfüllen von Formularen zu helfen, damit ihr den unerträglichen Kosten für die Grundversorgung in Israel entrinnen könnt.“

Schon die Namensgebung „Aufsteiger nach Berlin“ provoziert in Israel gewaltig. Das Land ist vor dem Hintergrund des Holocaust bemüht, möglichst viele Juden aus aller Welt zur Einwanderung zu bewegen. Als Alija (Aufstieg) wird deshalb die Zuwanderung bezeichnet. Auswanderer sind dagegen „Absteiger“. Und eine Emigration ausgerechnet in die Stadt, in der der Völkermord an den Juden organisiert wurde, finden viele unerträglich. Die Macher der Facebook-Seite halten dagegen, natürlich würden sie gern in Israel leben, „was nur noch den Reichen und ihren Kindern möglich ist. Mieten und Wohnungspreise dort sind wirtschaftliche Folter. Wir sehen uns in Berlin!“

Die israelische Regierung befürchtet ein Wiederaufflammen der Sozialproteste vom Sommer 2011, die sich an den galoppierenden Frischkäsepreisen entzündet hatten und zu wochenlangen Protestcamps Hunderttausender auf den Stadtstraßen führten.