Ewa Kopacz folgt auf Donald Tusk. Präsident Komorowski warnt sie: „Das wird keine leichte Zeit.“

Warschau. Ewa Kopacz, die am Montag vereidigte neue polnische Regierungschefin, hat nicht viel Zeit. Am 1. Oktober muss sie sich der Vertrauensfrage im Parlament stellen, sechs Wochen später sind die polnischen Kommunalwahlen ein erster Test für die Stimmung bei den Wählern. Im Herbst 2015 sind in Polen Parlamentswahlen – die studierte Ärztin muss bis dahin ein Rezept für das Vertrauen der Wähler finden, wenn die liberalkonservative Bürgerplattform (PO) weiter regieren will. „Das wird keine leichte Zeit“, warnte Präsident Bronisław Komorowski bei der Vereidigung.

In Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der PO und der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ab. Beide Parteien sind dabei deutlich von einer absoluten Mehrheit entfernt. Zunächst aber gilt es, die Mehrheit der Mitte-rechts-Koalition im Warschauer Parlament zu halten. In den vergangenen Jahren verließen mehrere Mitglieder des rechten Flügels der PO die Fraktion. Kopacz’ Kabinett, da waren sich polnische Kommentatoren einig, ist gut für die Parteiharmonie, da Vertreter der verschiedenen Parteiflügel vertreten sind. Etwa der neue Außenminister Grzegorz Schetyna, den viele vom bisherigen Regierungschef Donald Tusk aufs Abstellgleis gestellt sahen. Schetyna war während Tusks erster Amtszeit zunächst Innenminister, ab 2010 Parlamentspräsident. Doch 2011 kam der tiefe Fall: Tusk entmachtete Schetyna, der zu einem seiner wichtigsten innerparteilichen Rivalen herangewachsen war. Schetyna signalisierte dennoch sein Interesse an einer Bewerbung als PO-Vorsitzender.

Wenn Tusk im Dezember als EU-Ratsvorsitzender nach Brüssel wechselt, gibt er auch sein Amt als Parteichef ab – spätestens dann könnte Schetyna der neuen Ministerpräsidentin Kopacz, die keine große Hausmacht in der PO hat, gefährlich werden. Denn auch von Kopacz wird erwartet, dass sie sich um das Amt bewirbt. In polnischen Medien wird Schetyna als der große Gewinner der Regierungsneubildung gesehen. Sein Wechsel an die Spitze des Außenministeriums kommt zu einer Zeit, in der Polen mehr denn je an einer Berücksichtigung seiner außenpolitischen Interessen in Europa gelegen ist. Die Entwicklung im Nachbarland Ukraine hat alte Ängste vor Russland aufleben lassen, und über Parteigrenzen hinweg wird eine aus polnischer Sicht allzu nachgiebige Brüsseler Haltung zu Russland argwöhnisch gesehen.

Der bisherige Außenminister Radosław Sikorski hatte Polen ein klares außenpolitisches Profil gegeben. Nun soll er Parlamentspräsident werden. Protokollarisch ist er damit zwar nach Komorowski der zweithöchste Mann in Staat, doch Sikorskis Auswechslung wurde kritisch kommentiert. Selbst Komorowski hob noch am Donnerstag Sikorskis Verdienste als Chefdiplomat hervor und betonte, es wäre gut, wenn er Außenminister bliebe.

Tusk, der Kopacz mit roten Rosen in der Regierungskanzlei willkommen hieß, reagierte auf die Personalentscheidungen seiner Nachfolgerin überrascht. Bei der Eröffnung des Shakespeare-Theaters in Danzig sagte er am Wochenende: „Mit Blick auf die Ereignisse muss ich genauer Macbeth und die Rolle von Lady Macbeth studieren.“