Bundeswehr bereitet Drohneneinsatz nahe der bisherigen Kampfzone vor. Muss das Parlament zustimmen?

Berlin. Die Bundeswehr wird nun wohl doch im Ukraine-Konflikt aktiv: Deutsche Aufklärungsdrohnen sollen die Waffenruhe in der Ostukraine überwachen, mehrere Dutzend Bundeswehrsoldaten müssten dafür in der Nähe der Rebellenhochburg Lugansk stationiert werden. Es gehe nicht um einen Kampfeinsatz, betont die Regierung. Doch die Grünen fordern schon einen Bundestagsbeschluss, die Linke warnt vor einer Verstrickung Deutschlands in den Konflikt.

Zur Vorbereitung reiste am Dienstag ein Erkundungsteam von 14 unbewaffneten Bundeswehrsoldaten in die Ukraine. Sie prüfen nach Angaben des Verteidigungsministeriums gemeinsam mit einem französischen Team bis Ende der Woche, unter welchen Bedingungen ein Drohneneinsatz möglich ist. Die Aufklärung aus der Luft soll die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei ihrer Beobachtermission unterstützen. Für die geplante Überwachung des Waffenstillstands hat sich die OSZE den Drohneneinsatz bereits von der ukrainischen Regierung genehmigen lassen. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande hatten zugesagt, Hilfsmöglichkeiten auszuloten.

Jetzt bietet Deutschland seine Aufklärungsdrohne Luna an: Das unbemannte Fluggerät, so groß wie ein kleiner Motorsegler, hat sich vor allem in Afghanistan, aber auch im Kosovo und Mazedonien bewährt. Luna kann mit bis zu sieben Kameras Filme und Standbilder in Echtzeit vom Einsatzgebiet liefern – aus einer Flughöhe von bis zu 5000 Metern und auf eine Entfernung von über 100 Kilometern. Im vergangenen Jahr musste die Bundeswehr allerdings einräumen, das solche Drohnen schon über 50-mal abgestürzt sind. Für ein komplettes Luna-System mit zwölf Kleinflugzeugen werden rund 40 Soldaten benötigt – Piloten in der Bodenstation, Techniker, Sanitäter. Die Soldaten müssten in der Ostukraine stationiert werden, nah am Konflikt. Erkundet wird für sie ein Standort bei Lugansk, außerhalb der bisher umkämpften Gebiete. „Es geht nicht um den Einsatz bewaffneter Kräfte zur militärischen Durchsetzung des Waffenstillstands“, versichert die Regierung. Ungefährlich wäre die Mission trotzdem nicht: Erst am Montag wurde in der Ostukraine ein OSZE-Patrouillenfahrzeug beschossen. Immer wieder wurden Beobachter der OSZE entführt, darunter im Frühjahr vorübergehend auch drei Bundeswehrsoldaten.

Eine Entscheidung, ob sich Deutschland an der Mission beteiligt, hat die Bundesregierung noch nicht getroffen: Voraussetzung sei die verlässliche Einhaltung der Waffenruhe in der Ostukraine, ließ Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklären. Unter dieser Bedingung aber will die Regierung allein über den Einsatz entscheiden, ohne Bundestag. Das ist im Parlament umstritten, auch wenn der Plan sonst überwiegend auf Zustimmung stößt. „Das Vorhaben kann die Rolle der OSZE stärken und einen wirkungsvollen Beitrag zur notwendigen Überwachung der Grenze sein“, sagte SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich dem Abendblatt. Da es sich um eine unbewaffnete Aufklärungsmission handele, erscheine eine Mandatierung durch den Bundestag nicht notwendig.

Grünen-Verteidigungsexpertin Agnes Brugger aber fordert einen Parlamentsauftrag. Es handele sich um eine „rechtliche Grauzone“, die Regierung müsse im Zweifel zugunsten des Parlaments entscheiden. „Ein Bundestagsmandat hätte eine stärkere politische Wirkung und gäbe der Mission größere Legitimität“, sagte Brugger. „Das ist nicht nur für die eingesetzten Soldaten wichtig, auch die Nähe zum Konfliktgeschehen spricht dafür.“ Die Entführung von OSZE-Beobachtern zeige, dass dieser Einsatz nicht ungefährlich sei. So stelle sich auch die Frage, wie die Regierung auf den Abschuss einer Aufklärungsdrohne reagieren würde. Doch sagte auch die Grünen-Politikerin: „Grundsätzlich ist die Prüfung eines solchen Engagements im Rahmen der OSZE-Mission durch die Bundesregierung richtig – wenn die Sicherheitslage den Einsatz erlaubt, kann dies ein Beitrag zur Deeskalation und Transparenz sein.“

Die Linke dagegen warnt: Der Drohneneinsatz könne nur mit Zustimmung aller Konfliktparteien erfolgen, doch die hätten weder Russen noch prorussische Kräfte erteilt. Linke-Verteidigungsexperte Alexander Neu: „Deutschland verstrickt sich immer tiefer in den Ukraine-Konflikt, die Beteiligung ist hoch problematisch.“