Generalstab will Präsident Obama heute seinen Einsatzplan für den Kampf gegen die Terrormiliz IS vorstellen

Washington/Bagdad. Nun geht es also los mit der von US-Präsident Barack Obama angekündigten Ausweitung der Luftangriffe im Irak. In der Nacht zu Dienstag haben amerikanische Flugzeuge Ziele der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Südwesten von Bagdad angegriffen, am Tag zuvor auch Ziele bei Sinjar. Laut Verteidigungsministerium gingen diese Angriffe über das hinaus, was die USA bisher an Attacken im Irak geflogen hatten. Vor einem Monat hatte die Regierung angekündigt, Luftangriffe nur zu benutzen, „um unsere eigenen Leute zu beschützen und humanitäre Missionen“. Nach der von Präsident Obama verkündeten Kursänderung geht es nun darum, gezielt Stellungen der IS anzugreifen, auch ohne dass diese eine Gefahr etwa für lokale Minderheiten darstellen. Man will der irakischen Armee ermöglichen, an IS verlorenes Territorium zurückzugewinnen. Seit die USA wieder in den Konflikt im Irak eingetreten ist, hat die Luftwaffe 162 Kampfeinsätze geflogen.

Was Angriffe gegen IS in Syrien anbelangt, so verkündete Verteidigungsminister Chuck Hagel bei einer Anhörung vor dem Militärausschuss des Senats am Dienstag, dass er mit dem US-Generalstab einen Einsatzplan verabschiedet habe, der Obama am Mittwoch vorgestellt wird. Er beinhaltet gezielte Luftangriffe auf IS-Stellungen und Kommandozentralen. Zudem werde man innerhalb eines Jahres 5000 Kämpfer der moderaten syrischen Opposition ausbilden und mit „kleinen Waffen, Fahrzeugen und Kommunikationsmitteln“ ausstatten für den Kampf gegen IS. Wenn diese Kräfte sich bewährten, dann sei auch die Lieferung von „anspruchsvolleren Waffensystemen“ denkbar.

Hagel und auch Generalstabschef Martin Dempsey wichen in der Senatsanhörung deutlich ab von den eher defensiven Aussagen des Präsidenten in der vergangenen Woche. „Wir befinden uns im Krieg mit IS“, sagte Hagel und benutzte damit einen Begriff, den Obama noch versucht hatte zu vermeiden. General Dempsey machte zudem deutlich, dass die Beteiligung von US-Bodentruppen am Kampf gegen IS durchaus denkbar ist, was Obama noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Wenn sichtbar werde, dass die gegenwärtige Anti-IS-Koalition nicht in der Lage sei, die Terroristen zurückzudrängen, dann werde er dem Präsidenten raten, „dass Militärberater sich am Kampf gegen IS beteiligen“ oder „weitere Maßnahmen, die Bodentruppen beinhalten“. Später präzisierte Dempsey, wann das nötig sein könnte: im Kampf um Mossul. Die Stadt zurückzuerobern sei „sehr komplex“. Offenbar haben die amerikanischen Militärs wenig Vertrauen darin, dass die irakische Armee in der Lage sein wird, Mossul im Häuserkampf gegen IS zurückzugewinnen.

Auf welch kompliziertem Terrain sich die Amerikaner derzeit bewegen, zeigte eine Auseinandersetzung mit Teheran am Montag. Nachdem wochenlang darüber spekuliert worden war, ob sich eine Interessenallianz zwischen den einstigen Erzfeinden im Kampf gegen die sunnitischen Extremisten von IS ergeben könnte, wurden diese Erwartungen erst einmal zerschlagen. In einer im bitteren und sarkastischen Ton gehaltenen Erklärung sagte Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei, er habe es sich zum Hobby gemacht, „den amerikanischen Äußerungen im Kampf gegen IS zuzuhören“. Die Äußerungen seien „absurd, hohl und voreingenommen“.

Teheran ist offenbar verärgert darüber, aufgrund amerikanischen Drucks nicht zur Irak-Konferenz am Montag in Paris eingeladen worden zu sein. Iranische Offizielle sagten, dass Teheran Einladungen der Amerikaner, der Anti-IS-Koalition beizutreten, abgelehnt habe. Tatsächlich war es in den vergangenen Wochen zu einer Art Waffenbrüderschaft der USA, vom Iran unterstützter schiitischer Milizen und deren iranischen Beratern gekommen. Etwa im Kampf zur Befreiung der Siedlung Amerli. Doch haben Amerikaner und Iraner zu unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie eine stabile Ordnung im Nahen und Mittleren Osten aussehen sollte.

Teheran unterstützt mit der Terrororganisation Hisbollah das Regime von Baschar al-Assad. Die Amerikaner wollen aber den Kampf gegen IS nicht als Parteinahme für den syrischen Diktator verstanden wissen. Und selbst wenn der moderatere Präsident Hassan Ruhani in der Atomfrage ein Abkommen mit dem Westen sucht, ist die Feindschaft zu den USA doch der Kitt, der das Regime in Teheran zusammenhält.