Die britischen Parteichefs Cameron, Clegg und Miliband stemmen sich gegen eine Spaltung

London. Acht Tage vor dem Volksentscheid über eine Abspaltung Schottlands, der auch ein Entscheid über die Zukunft des Vereinigten Königreichs ist, erhöht sich der Pulsschlag vor allem jener Briten, die nicht mitbestimmen dürfen. Und das betrifft das gesamte Land südlich der schottischen Grenze.

Auch das politische Westminster. Aufgescheucht durch die Möglichkeit einer Spaltung Großbritanniens, haben die Anführer der drei führenden Parteien im Unterhaus – Premierminister David Cameron für die Konservativen, Nick Clegg, Liberaldemokrat und Camerons Stellvertreter, sowie Ed Miliband, Parteichef der Labour-Opposition – eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen: Statt sich wie gewohnt am Mittwochmittag zur „Prime Minister’s Question Time“ im Parlament gegenseitig zu verunglimpfen, begruben sie das Kriegsbeil und machten sich auf nach Schottland, um die „Better Together“-Kampagne zu stärken, die den Zusammenhalt predigt.

Das letzte verzweifelte Aufgebot? So sieht es Schottlands Sezession-gewillter Regierungschef Alex Salmond. „Das sind die Vertreter von Parteien, die sich mehr um ihre eigenen Jobs sorgen als um Jobs für die schottische Bevölkerung“, verkündete er, „ihr Auftreten hilft der Yes-Kampagne.“ Das Ansehen der Westminster-Politik ist vor allem in Schottland auf einem Tiefpunkt angelangt; da kann das Auftreten der drei Musketiere Cameron, Clegg und Miliband kontraproduktiv wirken. Was sie anzubieten hätten, „ist zu wenig, zu spät“, höhnte Salmond.

Die drei schwärmten getrennt aus, um ihre vereinte Botschaft anzubringen. Cameron wählte den leidenschaftlichen Ton: Er wäre „heartbroken“, untröstlich, wenn die Schotten für die Unabhängigkeit stimmten, sagte er. „Ich liebe mein Land mehr als meine Partei“, fügte er hinzu – eine Abspaltung fände er „desperately sad“, todtraurig.

Und den Schotten wird nun auch optisch verdeutlicht, wie sehr der Rest des Landes auf ihre fortgesetzte Zugehörigkeit zur Union baut. „Hisst den Saltire“, empfiehlt der Historiker Dan Snow, das weiße Andreas-Kreuz auf blauem Untergrund, „entrollt die schottische Fahne, wenn euch die Union am Herzen liegt“. Auch Ed Miliband möchte es auf allen öffentlichen Gebäuden schottisch wehen lassen. Cameron ließ über der Downing Street den Saltire hochziehen. Doch welch ein Pech: Just als sich die TV-Kameras auf das Spektakel konzentrierten, verharrte die Fahne am Fuße des Mastes. Erst später gelang die komplett entrollte Demonstration der Liebe zu den Schotten. „Die Fahne wird hier bis nach dem 18. September wehen“, befand Cameron.

Hunderte von englischen Freiwilligen treibt es derzeit über die Grenze nach Schottland, um fürs fortgesetzte Zusammenleben aller Briten zu demonstrieren. Derweil machte der Buckingham-Palast klar, dass Königin Elizabeth II. sich auf keinen Fall in die Debatte einschalten werde.