Estland, Lettland und Litauen befürchten, dass Russland auch nach ihnen greift

Washington/Tallinn. Mit seiner Reise ins Baltikum, wo er am Mittwoch in der estnischen Hauptstadt Tallinn die Staatschefs der drei baltischen Statten trifft, will US-Präsident Barack Obama ein starkes Zeichen setzen. Die Führungsmacht des Westens, so die Botschaft, werde die kleinen Nato-Mitgliedstaaten an der Frontlinie zu Putins Russland nicht preisgeben, sollten sie unter militärischen Druck Moskaus geraten.

Die symbolische Geste war dringend nötig. Denn vor dem Nato-Gipfel steigen die Erwartungen osteuropäischer Länder an eine deutliche Antwort des Westens auf die russische Invasion der Ukraine und der von Moskau kaum noch verhohlenen Pläne, sich Teile der ehemaligen Sowjetrepublik faktisch einzuverleiben. Besonders in den kleinen Nationen Estland, Lettland und Litauen ist die Angst groß, dass Putin, sollte ihm die Zerstückelung der Ukraine gelingen, mit seinem Expansionsdrang auch nicht vor anderen Teilen des einstmaligen sowjetischen Machtbereich haltmachen werde.

Drastisch äußerte kürzlich die Präsidentin Litauens, Dalia Grybauskaite, Unmut über die aus ihrer Sicht zu schwache Reaktion des Westens. Die Ukraine kämpfe heute „einen Krieg im Namen von ganz Europa“, erklärte sie und brachte damit zum Ausdruck, in welchem Maße die baltischen Staaten ihr eigenes Schicksal mit einer erfolgreichen Verteidigung der ukrainischen Unabhängigkeit verknüpft sehen. Die EU, verlangte Grybauskaite, müsse „die Ukraine militärisch unterstützen und ihr militärisches Material schicken.“

Deutschland ist gegen Nato- Kampftruppen in Osteuropa

Solche Forderungen werden jedoch in westeuropäischen Hauptstädten, nicht gerne gehört. Vor allem Deutschland will bei der geplanten Aufrüstung der Nato jede Überschreitung der Nato-Russland-Vereinbarung von 1997 vermeiden, die eine „permanente Stationierung substanzieller Kampfgruppen“ des westlichen Bündnisses in Ost- und Nordosteuropa ausschließt. Angepeilt wird nun eine Präsenz von 300 bis 600 Soldaten umfassenden, multinational rotierenden „Unterstützungstruppen“ in den baltischen Staaten sowie in Polen und Rumänien.

Ob die Balten ihre Sicherheit dadurch dieses bereits ausreichend gewährleistet sehen, darf bezweifelt werden. Doch die lettische Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma betont: „Wichtiger als die Anzahl der Nato-Soldaten auf lettischem Boden ist, dass sie überhaupt da sind und uns, wie auch Putin, deutlich machen, dass wir nicht alleine stehen.“ Und anders als viele andere europäische Staaten ist das baltische Land auch bereit, für seine Sicherheit mehr Geld auszugeben. Die Ministerpräsidentin kündigte an, dass Lettland im kommenden Jahr seinen Rüstungsetat aufstocken werde.