Führende EU-Politiker warnen das Land und den künftigen Präsidenten Erdogan vor einer Abkehr von der Demokratie

Brüssel. Nach dem Wahlsieg des bisherigen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei haben führende deutsche EU-Parlamentarier vor einer weiteren Abkehr des Landes von der Demokratie gewarnt. Der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), sagte: „Die Europäische Union muss aufpassen, dass Erdogan nicht eine autokratische Machtfülle erlangt und der Rechtsstaat in der Türkei weiterhin in Gefahr gerät. Eine solche Entwicklung würde den Beitrittsverhandlungen mit der EU endgültig die Grundlage entziehen.“ Auch außenpolitisch müsse Erdogan seinen Kurs ändern. Zugleich forderte Brok den neuen Präsidenten auf, demokratische Rechte zu achten.

Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Vizepräsident des EU-Parlaments und außenpolitischer Sprecher der FDP, zeigte sich ebenfalls besorgt. „Ich fürchte, dass ein Präsident Erdogan die Türkei künftig noch weiter von den Grundsätzen einer freiheitlichen Demokratie entfernt.“ Der Präsidentschaftswahlkampf habe die Entwicklungen der letzten Jahre bestätigt und verstärkt. „Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Verunglimpfung von Journalisten und eine islamistisch-autoritäre Rhetorik führen die Türkei immer weiter von Europa weg. Deswegen ist es jetzt höchste Zeit, die aussichtslosen Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei zu beenden und unsere Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen.“

Das Land am Bosporus ist seit 1999 Kandidat für einen Beitritt zur EU. Im Oktober 2005 wurden die Beitrittsverhandlungen offiziell aufgenommen, das Ziel liegt aber noch in weiter Ferne. Laut einer Umfrage des US-Instituts Pew haben zwei von drei Türken eine schlechte Meinung von der Europäischen Union. Im Falle der Nato liegt die Abneigung sogar bei 70 Prozent.