Kabul. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat den USA mögliche Kriegsverbrechen in Afghanistan vorgeworfen. Auch in mehreren anderen Fällen sei der Tod von afghanischen Zivilisten bei US-Militäroperationen nicht ausreichend untersucht worden, hieß es in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Die von den USA angeführte internationale Schutztruppe Isaf kündigte an, die Vorwürfe zu prüfen.

Amnesty erklärte in dem scharf formulierten Bericht, es seien zehn Vorfälle mit 140 getöteten Zivilisten in der Zeit zwischen 2009 und 2013 untersucht worden. Die meisten Familienangehörigen der Toten, die von der Organisation interviewt wurden, seien nie von US-Militärermittlern befragt worden. „Keiner der Fälle, die wir untersucht haben, – mit mehr als 140 zivilen Toten – wurden vom US-Militär strafrechtlich verfolgt“, erklärte der Direktor von Amnesty für Asien und den Pazifikraum, Richard Bennett. „Beweise möglicher Kriegsverbrechen und gesetzwidriger Tötungen wurden offenbar ignoriert.“ Bei zwei der Fälle gebe es „reichliche und schlüssige Beweise auf Kriegsverbrechen“.

Untersucht wurden vor allem Luftangriffe und nächtliche Razzien durch US-Soldaten. Beide Taktiken wurden von der afghanischen Regierung und den Bürgern heftig kritisiert. Bemängelt worden war, dass die USA nicht genügend Rücksicht auf Zivilisten genommen hätten. In dem Bericht erklärte Amnesty, die USA und ihre Verbündeten hätten bei dem Isaf-Einsatz deutliche Fortschritte bei der Vermeidung ziviler Opfer gemacht. Diese würden aber durch die fragwürdigen Umstände der zehn untersuchten Fälle überschattet.

Afghanische Zivilisten werden mit dem herannahenden Abzug der internationalen Kampftruppen auch immer mehr zum Ziel Aufständischer. Im ersten Halbjahr 2014 stieg die Zahl der zivilen Toten um 17 Prozent auf 1564, wie die Uno im Juli mitteilten.