Präsident Obama prüft auch die Möglichkeit, Lebensmittel für Flüchtlinge abzuwerfen

Washington/Bagdad. Die US-Regierung will im Irak den steten Vormarsch der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat möglicherweise mit Luftangriffen stoppen. Zudem erwäge das Weiße Haus humanitäre Hilfe für die Zehntausenden Angehörigen religiöser Minderheiten, die im Norden des Landes vor der Gewalt der Dschihadisten geflohen seien, sagten Regierungsbeamte am Donnerstagabend in Washington. Eine Entscheidung darüber könnte Präsident Barack Obama noch in der Nacht verkünden, hieß es.

Die US-Regierung verdamme die Angriffe der IS-Kämpfer auf die religiösen Minderheiten, sagten Regierungsbeamte ferner. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius äußerte sich ähnlich und forderte eine Sondersitzung des Uno-Sicherheitsrats zur Krise im Irak. „Die Situation nähert sich einer humanitären Katastrophe“, sagte Josh Earnest, der Sprecher des Weißen Hauses, mit Blick auf die Vertriebenen, allen voran die Jesiden. „Wir sind ernsthaft besorgt über ihre Gesundheit und ihre Sicherheit.“ Tausende Jesiden, Anhänger einer alten Religion, sind nach ihrer Flucht aus den nördlichen Städten Sindschar und Sumar vor wenigen Tagen in einer Bergregion ohne Wasser und Essen gestrandet. Die USA prüfen offenbar auch die Möglichkeit, Lebensmittel für Flüchtlinge abzuwerfen

Zugleich stellte Earnest klar, dass ein mögliches militärisches Engagement der USA im Irak zeitlich begrenzt sei und keine Bodentruppen umfasse. „Es gibt keine militärische Lösung der USA für die Probleme im Irak“, sagte er. Obama war am Morgen mit seinem nationalen Sicherheitsteam zusammengetroffen. Das Weiße Haus gab öffentlich aber nicht bekannt, welche Optionen Obama im Einzelnen prüfen lässt. Luftangriffe würden einen Wende in der Strategie der USA bedeuten. Das Land hatte seine Truppen Ende 2011 nach fast einem Jahrzehnt der Präsenz vollständig aus dem Irak abgezogen.

Im Norden des Iraks nahmen Kämpfer der Miliz unterdessen mehrere, von Christen bewohnte Dörfer ein, darunter den größten christlichen Ort des Landes, Karakusch. Zehntausende Anwohner ergriffen die Flucht wie Tage zuvor die Jesiden.

Die Extremisten brachten zudem den größten Staudamm des Landes nahe der ebenfalls von ihnen kontrollierten Großstadt Mossul unter ihr Kommando. Damit haben sie nun eine enorme Macht über den Zugang zum Wasser des Tigris sowie die Stromerzeugung. Die Eroberung des sogenannten Mossul-Staudamms gelang den IS-Kämpfern, nachdem sie von kurdischen Soldaten zuvor eine Woche lang zurückgehalten werden konnten. Auch die Hauptstadt Bagdad wird wieder von Selbstmordanschlägen der Terrorgruppe erschüttert. Zwei Selbstmordanschläge in dem schiitischen Viertel Kasimija kosteten am Donnerstag mindestens 32 Menschen das Leben.