Der Konflikt in Osteuropa hat eine neue Stufe erreicht. Russland erlegt dem Westen einen Importstopp auf. Experten glauben: Der Export von Konsumgütern nach Russland könnte insgesamt einbrechen.

Hamburg. Der von Russland verhängte Einfuhrstopp für westliche Agrarprodukte trifft Hamburgs Wirtschaft weniger hart. Zwar wurden laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr Nahrungs- und Futtermittel im Wert von 55 Millionen Euro aus der Hansestadt nach Russland exportiert. Doch die vom Importstopp betroffenen Waren machen nur fünf Prozent des Hamburger Handels mit Russland aus, wie Corinna Nienstedt, Außenhandelsexpertin der Handelskammer erklärt.

Nienstedt geht eher von indirekten Auswirkungen für Hamburgs Unternehmen aus. „Die Ankündigung Putins wird die ohnehin starke Verunsicherung bei den exportorientierten Hamburger Firmen weiter erhöhen“, sagte die Leiterin des Geschäftsbereichs International bei der Kammer. Auch der Hamburger Hafen macht sich kaum Sorgen. Lediglich 30.000 Container mit Nahrungsmitteln würden jährlich von hier aus nach Russland verschifft, sagte Bengt van Beuningen vom Hamburg Hafen Marketing. Angesichts eines Gesamtaufkommens von mehr als neun Millionen Containern im Jahr, sei diese Menge verschwindend gering.

Anders verhält es sich beim Warenverein der Hamburger Börse. Dieser vertritt die Interessen des Außen- und Großhandels mit Konserven, Tiefkühlprodukten, Trockenfrüchten, Schalenobst, Trockengemüse, Gewürzen, Honig, Bio-Produkten und verwandten Waren. Die Mitgliedsunternehmen sind durchaus von dem Putin-Dekret betroffen. In welchem Ausmaß, konnte der Verein am Mittwoch noch nicht sagen.

<br> >/br> Auch im Hamburger Umland ist die Sorge größer. Hier sehen sich vor allem Meierei-Genossenschaften durch die russischen Importsanktionen gefährdet, wobei das Problem für einige von ihnen nicht neu ist. Insbesondere Käsereien und Fast-Food-Belieferer dürfen schon seit Wochen nicht mehr nach Russland liefern, wie der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände im Norden (UV Nord), Michael Thomas Fröhlich, erklärte. So werde die Meierei Holtsee in Schleswig-Holstein, die seit den 90er-Jahren Russland mit Käse beliefert, seit Beginn der Ukraine-Krise von Moskau boykottiert.

Klaus Dahmke vom Bauernverband Schleswig-Holstein verweist darauf, dass es ein russisches Importverbot für Schweinefleisch wegen der afrikanischen Schweinepest und wegen Hygieneproblemen für Milchprodukte schon seit Monaten gibt. Niedersachsen, als wichtigstes Agrarland in Deutschland, hat 2013 für rund 234 Millionen Euro Agrarprodukte nach Russland exportiert; Fleisch – und da in erster Linie Schweinefleisch – war mit 86 Millionen Euro dabei der größte Posten. Diese Position ist aber schon in den ersten Monaten 2014 auf annähernd null zurückgegangen. Die Landwirte fürchten dennoch einen Preisdruck beim Schweinefleisch wie bei der Milch.