Präsident Poroschenko will Truppen in Ostukraine aufrüsten. Rebellen melden Flugzeug-Abschuss

Lugansk/Kiew. Nach verlustreichen Kämpfen gegen prorussische Separatisten hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine massive Aufrüstung der Armee angekündigt. In den vergangenen drei Tagen seien neue russische Raketensysteme gegen Regierungseinheiten eingesetzt worden, sagte er bei einer Krisensitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Kiew. Zudem gebe es „Beweise“, dass Offiziere der russischen Armee aufseiten der Aufständischen in der Ostukraine kämpfen würden. „Darauf müssen wir reagieren“, sagte Poroschenko. Moskau hatte einen solchen Einsatz von Soldaten stets zurückgewiesen.

Die Kämpfe nahmen unterdessen erneut an Härte zu. Die Separatisten behaupteten, nahe Lugansk eine Transportmaschine vom Typ Antonow An-26 abgeschossen zu haben. Dabei seien etwa 20 Fallschirmjäger ums Leben gekommen. Die Aufständischen meldeten zudem den Abschuss eines Kampfjets vom Typ Suchoi Su-25. Der Pilot habe sich per Schleudersitz gerettet, hieß es.

Die prorussischen Separatisten verloren bei Luftangriffen der ukrainischen Streitkräfte nach eigener Darstellung 30 Kämpfer in den eigenen Reihen. Die Aufständischen seien bei einem Beschuss des Ortes Aleksandrowka getötet worden, teilte Sprecher Konstantin Knyrik vom Informationszentrum Südost-Front mit. Das Verteidigungsministerium in Kiew bestätigte, dass es am Sonntag nahe Lugansk fünf Luftschläge gegeben habe. „Der Feind hat bedeutende Verluste erlitten“, teilte das Ministerium mit. Auch Kampftechnik sei zerstört worden.

Der Bürgermeister der Millionenstadt Donezk, Alexander Lukjantschenko, floh unterdessen nach Kiew. Er sei bedroht worden, sagte der Politiker. Die Armee hat Donezk umstellt, Bewohner und Separatisten fürchten eine Erstürmung und Bombardierung.

Bei Gefechten kamen erneut Zivilisten ums Leben. In Lugansk seien drei Bewohner an Schusswunden gestorben, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Etwa 14 weitere Bürger wurden verletzt. Präsident Poroschenko forderte von der Armee größere Anstrengungen, das Leben der Bürger in der Kampfzone zu schützen. Die von den Separatisten zurückeroberten Orte müssten von Regierungseinheiten gehalten werden. „Wir wollen dort nicht nur unsere Fahne hissen, sondern sie auch verteidigen“, unterstrich Poroschenko. Die russische Migrationsbehörde teilte unterdessen mit, dass immer mehr Ukrainer Zuflucht suchten in ihrem Nachbarland. Mehr als 30.000 Menschen hätten inzwischen den Flüchtlingsstatus oder zeitweiliges politisches Asyl beantragt, sagte Behördenchef Konstantin Romodanowski der Agentur Interfax zufolge. Die Zahl der Hilfesuchenden steige. Insgesamt hielten sich in Russland aktuell rund 500.000 Ukrainer aus dem Konfliktgebiet auf – viele bei Verwandten und Freunden.

Das russische Staatsfernsehen hat mit einem haarsträubenden Bericht über ein angeblich von ukrainischen Soldaten in Slawjansk gekreuzigtes Kind einen Sturm der Entrüstung losgetreten. Eine Sprecherin des Innenministeriums in Kiew warf dem Sender Kanal Eins vor, „in die Fußstapfen von Goebbels zu treten“. Der Sender hatte ein Interview mit einer Frau in einem Flüchtlingslager in Russland gesendet. Darin schildert sie das angebliche Verbrechen: Auf einem Platz der Stadt, die das Militär nach wochenlanger Belagerung zurückerobert hatte, seien Frauen, Kinder und Alte zusammengetrieben worden. Dann hätten sich Soldaten einen etwa drei Jahre alten Jungen gegriffen und vor den Augen der Menge an ein Anschlagbrett genagelt. Die Angaben wurden in der Sendung als Tatsachen dargestellt.