Regierung in Washington fordert mehr Sicherheitschecks auf ausländischen Flughäfen. Gefahr durch „kreative“ Bomben

Washington. Aus Sorge vor möglichen Bombenanschlägen mit neuartigen Sprengsätzen dringen die USA auf verstärkte Sicherheitschecks an ausländischen Flughäfen. Der Schritt beruhe auf einer veränderten Einschätzung der weltweiten Terrorgefahr, teilte Heimatschutzminister Jeh Johnson mit. Nach Medienberichten fürchten die USA, dass Terrorgruppen aus Syrien und dem Jemen neue Sprengsätze entwickeln, die sich nur schwer aufspüren lassen.

Nach Angaben deutscher Sicherheitskreise stützten sich die US-Warnungen auf Informationen über eine verstärkte Kommunikation unter europäischen Rückkehrern aus Syrien, Afghanistan und Pakistan. „Das Grundrauschen ist lauter geworden“, hieß es am Donnerstag. Es gebe eine Reihe von Hinweisen auf Dschihadisten mit europäischem Aussehen und europäischen Pässen, die aus Europa in die USA reisen und dabei Anschläge verüben könnten. US-Präsident Barack Obama hatte bereits vor einigen Tagen explizit vor Angriffen auf die USA aus diesem Personenkreis gewarnt und verstärkte Sicherheitschecks gefordert.

Informationen über konkrete Planungen gebe es derzeit nicht, heißt es in deutschen Sicherheitskreisen. Deutsche Behörden seien von den US-Partnern über die Erkenntnisse informiert worden. Zum verdächtigen Personenkreis zählen Extremisten, die zum Teil aus Syrien, aber auch aus Afghanistan und Pakistan nach Europa zurückgekehrt seien. Dazu könnten auch Deutsche gehören, die in den Dschihad, den sogenannten Heiligen Krieg, gezogen sind. Eine konkrete Warnung sprach hingegen am Donnerstag die US-Botschaft in Uganda aus. Der Flughafen der Hauptstadt Kampala könnte am Abend zwischen 21 und 23 Uhr angegriffen werden. US-Bürger, die dort reisten, sollten ihre Pläne überprüfen.

Betroffen sind laut Mitteilung des Heimatschutzministeriums mehrere Flughäfen mit Verbindungen in die USA. Das Ministerium will in den nächsten zwei Wochen ausländische Flughäfen und Fluggesellschaften auffordern, die Sicherheitschecks auszubauen, berichtete der US-Sender ABC unter Berufung auf informierte Kreise. Schuhe und elektronische Geräte von Passagieren sollten genauer untersucht werden. Zudem sollen an den Flughäfen weitere Geräte zum Aufspüren von Sprengsätzen aufgestellt werden.

Auch sollen vereinzelt Passagiere genauer unter die Lupe genommen werden. Es gehe um „sichtbare und unsichtbare Maßnahmen“, teilte Heimatschutzminister Johnson mit. Ein konkretes Ziel oder eine Zeitplanung für neue Anschläge lägen noch nicht vor. Eine mit den Informationen vertraute Quelle nannte die mögliche Bedrohung „andersartig“ und „viel bedrohlicher“ als bisherige Anschläge auf Flugzeuge. Die britischen Behörden reagierten nach Angaben der Zeitung „Guardian“ bereits auf die Ankündigung. Ein Sprecher des Transportministeriums sagte, dass einige Sicherheitsmaßnahmen im Flugverkehr verschärft werden. Die Anschlaggefahr werde derzeit als „erheblich“ eingestuft.

Laut ABC erwägen US-Behörden seit Monaten, die Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen. Sie seien durch Geheimdiensthinweise alarmiert worden, wonach eine besonders extreme Untergruppe syrischer Terroristen in Zusammenarbeit mit jemenitischen Al-Qaida-Kämpfern „kreative“ neue Bomben entwickele. Sie könnten vorhaben, ein Flugzeug auf dem Weg in die USA oder nach Europa zum Absturz zu bringen.

Der Albtraum des Luftverkehrs und der internationalen Geheimdienste hat Namen und Gesicht: Ibrahim al-Asiri, genannt Abu Saleh. Der 32 Jahre alte Saudi-Araber ist der Chefbombenbauer von al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (Aqap). Al-Asiri soll sich im Südjemen verstecken, dort ist er offenbar schon mehreren Versuchen der USA entkommen, ihn mit Drohnen zu töten.

Der studierte Chemiker hat auf Basis von Pentaerythrityltetranitrat (PETN) einen fast nicht zu entdeckenden Sprengstoff entwickelt. Mit einem chemischen Zünder versehen, kommen al-Asiris Bomben ganz ohne Metall aus und können fast alle Sicherheitskontrollen an Flughäfen problemlos passieren. Im August 2009 versteckte al-Asiri eine PETN-Bombe in der Unterhose seines jüngeren Bruders Abdullah. Der sprengte sich in die Luft, als er sich Prinz Mohammed ben Nadschef näherte, dem saudi-arabischen Vize-Innenminister. Aber nur Abdullah kam zu Tode. Am 25. Dezember 2009 versuchte Umar Farouk Abdulmutallab auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit eine in seiner Unterwäsche versteckte PETN-Bombe zu zünden. Er scheiterte und wurde festgenommen.

Im Oktober 2010 hatte al-Asiri zwei Bomben gebastelt und den Sprengstoff in Druckerpatronen versteckt. Sie gelangten in Frachtmaschinen mit dem Ziel Chicago. „Sie wurden nur entdeckt, weil die saudi-arabischen Geheimdienste Aqap infiltriert hatten“, sagt der französische Sicherheitsexperte Christophe Naudin. Al-Asiri sei deshalb so gefährlich, „weil er niemals das Selbe versucht“, so Naudin. So zitierte das US-Magazin „Newsweek“ 2012 aus einem CIA-Bericht, der Al-Qaida-Bombenbastler habe daran gearbeitet, eine Bombe in den Körper eines Selbstmordattentäters zu implantieren. Das wäre der Horror für Sprengstofffahnder – eine solche Körperbombe wäre nicht aufzuspüren.