Regierung paralysiert, Opposition implodiert: Hollande wirkt völlig hilflos. Parteichef der Konservativen tritt wegen Finanzaffäre zurück

Paris. Einen Tag nach der Europawahl, die mit 25 Prozent der Wählerstimmen den rechtsextremen Front National (FN) zur „führenden Partei Frankreichs“ gemacht hat, gelang es der konservativen Oppositionspartei UMP, den FN-Wahlerfolg aus den Schlagzeilen zu verdrängen. Am Dienstagmorgen trat UMP-Chef Jean-François Copé nach einer Krisensitzung des Parteivorstandes zurück. Zu schwer wiegt der Verdacht der illegalen Wahlkampffinanzierung und der schwarzen Kassen im Zusammenhang mit der Eventveranstaltungsfirma Bygmalion, die Wahlkampfauftritte für Ex-Präsident Nicolas Sarkozy organisiert hatte, gegen ihn. Am 15. Juni will er sein Amt abgeben.

Das Geständnis des konservativen Kassenwartes überschattete beinahe den Fernsehauftritt des sozialistischen Präsidenten. François Hollande sagte, das Wahlergebnis sei ein „Misstrauensbeweis“ gegenüber Europa, der Regierung und allen Parteien sowie gegenüber einer Politik, die Ergebnisse schuldig bliebe. Es sei seine Pflicht, das Land zu reformieren und Europa „umzuorientieren“. Die „Umorientierung“ ist das Codewort, mit dem die französischen Sozialisten ihren Versuch umschreiben, Angela Merkel von der Notwendigkeit zu überzeugen, fröhlich weiter Schulden zu machen.

Die vergangenen zwei Tage haben die Wahlaussichten von zwei potenziellen Bewerbern um das Präsidentenamt 2017 nachhaltig beschädigt: Falls Hollande es binnen drei Jahren schaffen sollte, vom Grund dieser Popularitätsschlucht noch einmal an die Erdoberfläche zu klettern, wäre dies das größte Comeback seit Lazarus. Was Nicolas Sarkozy betrifft, so scheinen dessen Rückkehrambitionen von einem Affärenstrudel weggespült zu werden, dessen Folgen nicht absehbar sind. Frankreich befindet sich somit in einer Lage, in der die Regierung paralysiert wirkt – und die Opposition implodiert.