Brüssel. Rund 400 Millionen EU-Bürger haben über die Zusammensetzung des neuen Europaparlaments abgestimmt. Es ist eine komplexe Angelegenheit, denn in der EU gibt es kein einheitliches Wahlrecht. In manchen Ländern (Polen oder Rumänien) gibt es eine Fünfprozenthürde für den Einzug ins EU-Parlament. In anderen Ländern hingegen gar keine. In Deutschland hat das Verfassungsgericht beispielsweise die Sperrklausel gerade gekippt.

Die Wahl hat bereits am Donnerstag in den Niederlanden und Großbritannien begonnen. Am Freitag stimmten die Iren ab, Sonnabend gingen unter anderem Slowaken und Letten an die Urnen. In den meisten EU-Ländern, darunter Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland, wurde erst am Sonntag gewählt.

Es wird jedoch Sommer werden, bevor der nächste EU-Kommissionspräsident feststeht. Im Juni finden sich zunächst die Fraktionen zusammen – im aktuellen Parlament sind das sieben. Dazu gehören die Europäische Volkspartei (EVP), zu der CDU und CSU zählen, sowie S&D mit den Abgeordneten der SPD. In jeder Fraktion müssen mindestens 25 Abgeordnete aus wenigstens einem Viertel der Mitgliedstaaten vertreten sein. Veränderungen bei der Zusammensetzung sind ebenso möglich wie die Gründung neuer Fraktionen. Das hätte dann Auswirkungen auf die Arbeit des Parlaments oder die Wahl des Kommissionspräsidenten.

Anfang Juli tritt das neue Europaparlament erstmals zusammen. Dabei wird auch der Parlamentspräsident gewählt, die ersten Fraktionssitzungen finden vom 7. bis 10. Juli statt. Es folgt die Wahl des neuen Kommissionspräsidenten, die zwischen dem 14. und dem 17. Juli angesetzt ist. Auch wenn die europäischen Spitzenkandidaten Martin Schulz (für S&D) und Jean-Claude Juncker (für EVP) beharrlich wiederholen, die bei der Wahl siegreiche Partei werde den Posten des Kommissionspräsidenten besetzen, sagen die Verträge etwas anderes. Denn tatsächlich wird dieser vom Rat der EU-Mitgliedsländer vorgeschlagen – „im Lichte der Ergebnisse“ aus der Parlamentswahl, aber eben nicht „entsprechend“ der Wahlresultate. Gleichwohl muss eine Mehrheit aus mindestens 376 von insgesamt 751 EU-Abgeordneten den vom Rat vorgeschlagenen Kandidaten absegnen. Das EU-Parlament kann vielleicht nicht bestimmen – blockieren kann es hingegen schon.