London. Der britische Thronfolger hat mit einem privaten Kommentar während eines offiziellen Kanada-Besuchs eine Welle der Kritik in seiner Heimat ausgelöst. Prinz Charles hatte mit seiner Frau Camilla das Museum „Pier 21“ in Halifax besucht, das Kanadas Einwanderungsgeschichte im 20. Jahrhundert darstellt.

Der Prince of Wales unterhielt sich dort kurz mit einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin, Marianne Ferguson. Die 88-Jährige floh 1939 mit Eltern und Geschwistern vor den Nazis aus Danzig nach Kanada. Sie sprachen darüber, „wie Hitler verschiedene Länder angegriffen und besetzt hat“, berichtete Ferguson später, und dann fiel ein folgenschwerer Satz. Prinz Charles „sagte etwas in dem Sinne, ,das ist nicht so viel anders als das, was derzeit in Russland passiert, was Putin macht‘“.

Mit seinem Kommentar, der zwar in einem privaten Gespräch, aber während einer offiziellen Verpflichtung fiel, facht der Thronerbe erneut den Streit um seine Qualitäten als künftiges Staatsoberhaupt des Vereinten Königreichs an. Zumal der 65-Jährige Russlands Präsidenten Wladimir Putin schon bald treffen wird, wenn am 6. Juni am 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in der Normandie gedacht wird.

Dort wird Charles mit seiner 88-jährigen Mutter anreisen. Andere öffentliche Auftritte übergibt Königin Elizabeth II. seit rund einem Jahr jedoch immer öfter an ihren Sohn, was Beobachter als einen nicht offiziellen, aber behutsamen Stabwechsel interpretieren. Während die Queen sich in ihrer 62-jährigen Amtszeit eisern jeder öffentlichen Stellungnahme zu aktuellen Themen enthalten hat, pflegt Charles indessen einen weitaus offeneren Stil. Anfang des Jahres hatte der Kronprinz indirekt die Regierung von David Cameron kritisiert, nachdem die Behörden trotz anhaltender Sturmfluten im Südwesten des Landes extrem langsam mit den Hilfsmaßnahmen vorankamen. „Es ist tragisch, dass hier so lange nichts passiert ist“, schimpfte Charles bei seinem Besuch in Devon. Fast zeitgleich nannte er Wissenschaftler, die den Klimawandel infrage stellen, „eine kopflose Hühnerbande“. In einer Rede vor Jungunternehmern im Buckingham-Palast warf er „mächtigen Gruppen“ vor, alle Warnungen vor der globalen Erwärmung mit Einschüchterungsmaßnahmen ersticken zu wollen.

Und im vergangenen Herbst mischte sich Charles in die in Großbritannien langsam an Fahrt gewinnende Diskussion über mangelnde Altersvorsorge ein. Abermals in einer Rede appellierte er an die Versicherungs- und Finanzindustrie, nicht kurzfristigen Profit, sondern die langfristige Vorsorge der Menschen im Auge zu behalten. Geschehe das nicht, stünden „ihre und meine Enkelkinder vor einer außergewöhnlich miserablen Zukunft“.

Nach dem Kanada-Zwischenfall ergriff Vize-Regierungschef Nick Clegg Partei für den Prinzen. „Ich war nie der Meinung, dass man als Mitglied der königlichen Familie einer Art Trappisten-Schweigegelöbnis verpflichtet ist.“