Istanbul. Nach dem verheerenden Grubenunglück mit mehr als 280 Toten wächst in der Türkei die Wut auf die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Entrüstung löste gestern ein Berater Erdogans aus – Videobilder zeigen ihn, wie er am Ort der Katastrophe in Soma auf einen Demonstranten eintritt, der von zwei Sicherheitskräften am Boden festgehalten wird. Im ganzen Land kam es zu Protestkundgebungen gegen Erdogan. Kritiker werfen der Regierung vor, trotz Sicherheitsbedenken ihre schützende Hand über das Kohlenbergwerk gehalten zu haben.

Für zusätzlichen Unmut hatte Erdogan gesorgt, als er bei einem Besuch in Soma die Katastrophe verharmloste. Solche Grubenunglücke gebe es ständig, sagte er, und verwies auf ein ähnliches Unglück in Großbritannien Ende des 19. Jahrhunderts.

In Soma kam es gestern zu herzzerreißenden Szenen, als Familien die toten Kumpel zu Grabe trugen. Viele beklagten fehlende Informationen der Regierung. Dutzende Bergleute sind noch unter Tage eingeschlossen. Hoffnung auf Überlebende gibt es aber nach Auskunft der Behörden kaum noch.