Im Internet gibt es ein „Recht auf Vergessenwerden“. Europäischer Gerichtshof weist Konzern in die Schranken

Luxemburg/Hamburg. Datenschützer sprechen von einem historischen Urteil für die Verbraucher: Bürger in der Europäischen Union haben künftig ein Recht auf die Löschung ihrer persönlichen Daten im Internet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am Dienstag, dass die Suchmaschine Google unter bestimmten Umständen Verweise auf Internetseiten mit sensiblen persönlichen Informationen aus der Ergebnisliste entfernen muss. Im Netz gibt es damit ein „Recht auf Vergessenwerden“.

Der US-Internetgigant teilte mit, er sei sehr überrascht von dem Luxemburger Urteil. Die Entscheidung sei „enttäuschend“. EU-Justizkommissarin Viviane Reding bezeichnete den Richterspruch als einen „klaren Sieg für den Schutz der persönlichen Daten der Europäer“. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lobte die Entscheidung, die große Bedeutung für die laufenden Beratungen zur EU-Datenschutzverordnung habe.

Den Richtern zufolge können sich Personen „unmittelbar an den Suchmaschinenbetreiber wenden, um unter bestimmten Voraussetzungen die Entfernung des Links aus der Ergebnisliste zu erwirken“. Wenn der Betreiber der Forderung nicht folge, kann man sich an Gerichte wenden. In dem konkreten Fall hatte sich ein Spanier bei der Datenschutzbehörde seines Landes über Google beschwert, weil er seine Privatsphäre verletzt sah. Bei Eingabe seines Namens fand er Hinweise über eine Zwangsversteigerung seines Hauses, die 15 Jahre zurücklag. Allein in Spanien gibt es 180 Fälle, in denen Bürger die Löschung von persönlichen Informationen von Google verlangen.

Nach Ansicht von EU-Kommissarin Reding können sich nach dem Richterspruch aus Luxemburg „Unternehmen nicht mehr hinter ihren Servern verstecken, die sich in Kalifornien oder sonst wo auf der Welt befinden“. Zudem bestätige das Urteil die Notwendigkeit, die aktuellen Datenschutzregeln aus der „digitalen Steinzeit“ in die heutige Computerwelt zu überführen, erklärte Reding. Im Januar hatte bereits das Hamburger Landgericht entschieden, dass Google auf seiner deutschen Internetseite heimlich aufgenommene Sex-Bilder von Ex-Motorsportboss Max Mosley nicht mehr in den Suchergebnissen anzeigen darf. Die Fotos verletzten die Intimsphäre Mosleys schwer, urteilten die deutschen Richter.

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar erklärte: „Der EuGH hat kurz nach seinem wegweisenden Urteil zur Vorratsdatenspeicherung erneut in eindrucksvoller Weise den Datenschutz in Europa gestärkt.“ Jetzt erschienen auch die Datenschutzfragen, die in der Vergangenheit gegenüber dem sozialen Netzwerk Facebook aufgeworfen wurden, in einem neuen Licht.