Früherer Ministerpräsident nahm nach Überzeugung des Gerichts Bestechungsgeld an
Tel Aviv. Der ehemalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert ist wegen Bestechlichkeit zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Ein Bezirksgericht in Tel Aviv verkündete am Dienstag dieses Strafmaß und entsprach damit weitgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft. Vor sechs Wochen hatte das gleiche Gericht Olmert für schuldig befunden, in seiner Zeit als Jerusalemer Bürgermeister Bestechungsgelder für die Genehmigung eines umstrittenen Großbauprojekts angenommen zu haben. „Er ist moralisch untauglich, öffentliche Ämter zu bekleiden“, hießt es im Urteil über Olmert.
Zudem wurde der frühere Regierungschef, der die Vorwürfe weiter bestreitet, mit einer Geldstrafe in Höhe von einer Million Schekel (etwa 210.000 Euro) belegt. Olmert kündigte an, dass seine Anwälte Berufung vor dem Obersten Gerichtshof einlegen werden. Dafür haben sie 45 Tage Zeit. Andernfalls müsse der Verurteilte die Haft am 1. September antreten, verkündete Bezirksrichter David Rosen. „Ein öffentlicher Bediensteter, der Bestechungsgelder annimmt, kommt einem Verräter gleich“, sagte der Richter.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein früherer israelischer Ministerpräsident ins Gefängnis gehen soll. Ein Ex-Präsident des Landes sitzt bereits in Haft: Mosche Katzav wurde 2011 wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung zu sieben Jahren verurteilt.
Im Mittelpunkt des zweijährigen Olmert-Gerichtsverfahrens, in dem zehn Einzeltäter und drei Firmen schuldig befunden wurden, stand das Holyland-Projekt, dessen auf einem Hügel errichtete Luxusapartments heute weit sichtbar den Süden Jerusalems beherrschen. Bezirksrichter Rosen kam zu dem Schluss, dass Olmert in seiner Zeit als Bürgermeister – über seinen Bruder Jossi als Strohmann – mehr als 100.000 Euro dafür kassierte, rechtliche und stadtplanerische Hürden für das Projekt aus dem Weg zu räumen. Der Holyland-Skandal gilt als eine der schlimmsten Bestechungsaffären in der israelischen Geschichte.
Olmert, im Zivilberuf Wirtschaftsanwalt, war von 1993 bis 2003 Bürgermeister von Jerusalem. Danach bekleidete er mehrere Ministerposten im Kabinett von Regierungschef Ariel Scharon. Als dieser nach zwei Schlaganfällen ins Koma fiel, folgte ihm Olmert Anfang 2006 im Amt des Ministerpräsidenten nach und gewann als Vorsitzender der Kadima-Partei auch die nachfolgenden Parlamentswahlen. Wegen mehrerer Bestechungsvorwürfe trat Olmert im September 2008 zurück, blieb aber bis März 2009 geschäftsführend Ministerpräsident. Im Holyland-Skandal wurde seit 2010 gegen ihn ermittelt.
(AFP)