Berlin. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die anhaltende weltweite Verbreitung von Folter angeprangert. „In erschreckend vielen Ländern“ sei Folter weiterhin „alltäglich“, erklärte Selmin Caliskan, AI-Generalsekretärin in Deutschland, am Dienstag. Folter gelte in vielen Staaten als einfachster Weg, um Geständnisse zu erpressen und schnell vermeintliche Ermittlungserfolge vorzuweisen.

„Schläge, Tritte, Aufhängen an Händen oder Füßen, Elektroschocks, Isolation, vorgetäuschte Exekutionen, Schlafentzug, Vergewaltigung, Bedrohung durch Hunde – dieser Albtraum ist Realität für unzählige Gefangene weltweit“, so Caliskan. „Damit dürfen wir uns nicht abfinden“, sagte sie zum Start einer Kampagne gegen Folter. In den vergangenen fünf Jahren habe AI aus 141 Ländern glaubwürdige Berichte über Folter erhalten.

AI forderte Regierungen weltweit auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehöre vor allem der Zugang der Gefangenen zu Anwälten, Ärzten und Angehörigen. Auch die Video-Aufzeichnung der Verhöre und unangemeldete Überprüfungen der Hafteinrichtungen seien notwendig. „Die Staaten müssen endlich ihre Doppelmoral beenden“, forderte Caliskan. Das Bekenntnis zum internationalen Folterverbot sei nichts wert, solange viele Staaten Misshandlungsvorwürfen nicht nachgingen, Gerichte erpresste Geständnisse verwerteten und Folterer straffrei blieben. Besondere Kritik übte AI an Mexiko, den Philippinen, Marokko, Nigeria und Usbekistan.

Aus Deutschland berichtete AI über keinen Fall von Folter, auch wenn es Berichte über Misshandlungen durch die Polizei gebe. Trotzdem müsse Deutschland das Zusatzprotokoll der Uno-Antifolterkonvention konsequent umsetzen. „Bisher ist die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, die Hafteinrichtungen überprüfen soll, völlig unterfinanziert, damit macht sich Deutschland international unglaubwürdig“, so Caliskan.