Ukip-Chef wettert gegen Brüssel, seine Leute pöbeln gegen Schwarze und Muslime

London. Skandale und Peinlichkeiten, die sich zuletzt gehäuft haben, scheinen Nigel Farage und seiner rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (Ukip) nichts anhaben zu können. Im Gegenteil: Die radikal euroskeptische Partei, die dem Austritt Englands aus der EU das Wort redet, hat vor den Europa- und Gemeinderatswahlen am 22. Mai – Briten wählen immer an Donnerstagen – in der Wählergunst weiter zugelegt. Laut der jüngsten Umfrage des renommierten Meinungsinstituts YouGov konnte Ukip die anderen Parteien inzwischen sogar überholen – mit 31 Prozent. Labour bekäme demnach nur 28 Prozent, die Tories 19, die Liberaldemokraten neun und die grüne Partei acht Prozent.

Das ist eine beträchtliche Steigerung seit Anfang des Jahres und bestätigt, wie sehr das gute Abschneiden von Farage in den beiden TV-Duellen mit dem Chef der Liberaldemokraten und Vizepremier der Koalition, Nick Clegg, im März geholfen hat. Die Partei dringt auch immer weiter in Labour-Wählerschichten vor und muss nicht mehr allein auf die bürgerliche Mittelschicht bauen, in der sich viele von den Konservativen abgewendet haben. Der Slogan „Nehmt wieder Besitz von eurem Land“, die Grundaussage auf allen Ukip-Plakaten, findet ein Echo in der Seele des Landes. Farage braucht sich bisher keine Mühe zu geben, seine Politik im Detail auszufeilen.

Vor allem versucht man es im Lager der Tories mit Kritik an manchen rassistischen Ausrutschern unter Ukip-Mitgliedern – und solche unterlaufen der Partei fast täglich. Der jüngste Fall wurde von einen Gemeinderatskandidaten in Süd-London ausgelöst, der sich mit dem farbigen Komiker Lenny Henry anlegte, nachdem dieser bemängelt hatte, im britischen Fernsehen sehe man zu wenige schwarze Künstler. Ukip-Mann William Henwood schoss auf Twitter zurück: „Henry sollte in ein schwarzes Land emigrieren. Er braucht doch gar nicht unter Weißen zu leben.“

Farage denkt gar nicht daran, sich für verbale Fehlgriffe dieser Art zu entschuldigen. Seine Mitarbeiter hat er wissen lassen, dass die Publizität jedes Einzelnen dieser Vorfälle „mindestens 10.000 neue Stimmen für Ukip“ wert sei. Es ist wahr: Ukip steht für eine Sammelbewegung von „Vorurteilen, Selbstsucht und Phobien“, wie Lord Deben, der unter der Regierung John Major diente, kommentiert hat. Aber ebenso wahr ist, dass man in Westminster allzu lange viele Sorgen der Bevölkerung – um ein Zuviel der Einwanderung, ein Zuviel von Brüssel und ein Zuwenig an Abwehr von Extremisten – nicht ernst genommen hat. Davon profitieren jetzt Nigel Farage und seine Partei.