An der Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. durch Franziskus nimmt auch Benedikt XVI. teil

Rom. „Johannes XXIII. und Johannes Paul II. hatten den Mut, die Wundmale Jesu anzuschauen“, sagte Papst Franziskus auf dem Petersplatz in Rom vor rund einer Million Pilgern aus aller Welt. „Sie waren zwei mutige Männer, erfüllt vom Freimut des Heiligen Geistes, und haben der Kirche und der Welt Zeugnis gegeben von der Güte Gottes und seiner Barmherzigkeit.“ Seit Sonntag sind Johannes Paul II. und Johannes XXIII. heilig. Franziskus hat seine beiden Vorgänger auf dem Stuhl Petri in diesen höchsten religiösen Rang erhoben.

Den Sonntag nach Ostern hatte Franziskus nicht zufällig für das bedeutende Kirchenereignis gewählt: Johannes Paul II. hatte diesen Tag eben dieser Göttlichen Barmherzigkeit geweiht. Mit lateinischen Worten sprach Franziskus die Formel für die Heiligsprechung. Im Anschluss wurden zwei Reliquien der beiden Päpste auf den Altar getragen. Die Blutreliquie des polnischen Papstes Karol Wojtyla trug die 51-jährige Floribeth Mora Diaz aus Costa Rica – sie war angeblich durch ein Wunder, das von Johannes Paul II. ausging, von einer unheilbaren Krankheit geheilt worden.

Es geht vor allem auf Franziskus Willen zurück, dass seine beiden Vorgänger gemeinsam heiliggesprochen wurden. Er würdigte, dass die beiden Päpste die „Kirche entsprechend ihrer ursprünglichen Gestalt“ wiederhergestellt und aktualisiert hätten und lobte den Mut Johannes XXIII., das Zweite Vatikanische Konzil durchzusetzen. Johannes, 1881 als Angelo Roncalli in Bergamo in Norditalien geboren, wird in seiner Heimat noch heute als „Papa buono“, der gute Papst, verehrt.

Er wurde 1958 Papst und starb vor dem Abschluss des Konzils 1963 an einem Krebsleiden. Roncalli stammte aus einfachen Verhältnissen und liebte die Nähe zu den Mitmenschen, darin ähnelt er Franziskus. Aber er war auch ein geschickter Diplomat und machte sich für den Weltfrieden verdient, als er 1962 in der Kubakrise vermittelte. Mit den Ergebnissen des Zweiten Vatikanischen Konzils versöhnte er die Christen untereinander, aber auch die anderen Religionen im ökumenischen Sinne.

Wichtige Verdienste für den Frieden hatte bekanntlich auch Johannes Paul II. bei der Überwindung der Teilung Europas. Papst Franziskus würdigte ihn aber vor allem als „Papst der Familie“, er hob diese hervor, weil er selbst nun den Weg „zur Synode über und mit den Familien“ beschreite und fügte hinzu, dass Johannes Paul II. dies „vom Himmel her sicher begleitet und unterstützt“. Der feierliche Akt wird aber eher als „Tag der vier Päpste“ in die Geschichte eingehen. Gläubige und Pilger wohnten einem bisher einmaligen Ereignis bei: Zwei Päpste wurden am selben Tag von einem Papst und in Anwesenheit eines emeritierten Papstes in den Stand der katholischen Heiligen aufgenommen. So erschien Franziskus angespannt und berührt ob der Dimension des Ereignisses – und lächelte erst, als er seinen Vorgänger Joseph Ratzinger , ehemals Papst Benedikt XVI. in der Reihe der Kardinäle begrüßen konnte.

Benedikt XVI. war am Morgen unter großem Beifall aus der Petersbasilika getreten. Er lächelte, schien entspannt und wurde von Erzbischof Georg Gänswein, seinem langjährigen Privatsekretär, empfangen. Gänswein war als Präfekt des Päpstlichen Hauses sozusagen Hausherr und begrüßte über 90 Delegationen, hohe Geistliche und Potentaten aus aller Welt, darunter König Juan Carlos, die EU-Vertreter Manuel Barroso und Hermann van Rompuy. Im Verfahren zur Heiligsprechung hatte Franziskus von seinem Anrecht auf Entscheidung Gebrauch gemacht. Denn im aufwendigen Kanonisierungsverfahren war im Fall von Papst Johannes XXIII. auf das eigentlich notwendige, zweite Heilungswunder verzichtet worden. Anerkannt wurde, dass er 1966 posthum eine katholische Schwester geheilt hatte. Und die Prozedur für Johannes Paul II. hatte sozusagen im Schnellverfahren stattgefunden.

Ausschlaggebend dürfte der sogenannte Ruf der Heiligkeit gewesen sein – eine Art subjektive Empfindung der Gläubigen. Das bestätigte der frühere Privatsekretär von Johannes XXIII., der 98-jährige Kardinal Loris Capovilla: „Johannes war den meisten Menschen schon immer heilig!“ Der polnische Kardinal Stanislaw Dziwisz, der Karol Wojtyla als Sekretär gedient hatte, sagte kurz zuvor: „Ich habe 39 Jahre an der Seite eines Heiligen gelebt.“

Papst Franziskus würdigte auch die Gläubigen, die aus allen Teilen der Welt nach Rom gekommen waren. Nach Schätzungen nahmen bis zu eine Million Menschen rund um den Petersplatz an der Heiligsprechung teil. Allein 1700 Reisebusse brachten mehrere Zehntausend Polen nach Rom. Die Menschenmasse bewegte sich wie eine Prozession durch die Innenstadt. Italien setzte mehr als 10.000 Soldaten und Polizisten sowie 26.000 Freiwillige ein. Rund zwei Milliarden Menschen sollen die Zeremonie im Fernsehen oder im Internet verfolgt haben.