Rom. Der ehemalige italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat im Europawahlkampf für seine rechtskonservative Partei Forza Italia für einen Eklat gesorgt. Im Zusammenhang mit einer Attacke auf den EU-Parlamentspräsidenten und Spitzenkandidaten der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), Martin Schulz (SPD), bezeichnete Berlusconi die Deutschen indirekt als Volk von Holocaustleugnern. „Für die Deutschen haben Konzentrationslager nie existiert“, sagte Berlusconi während einer Wahlkampfveranstaltung.

Zu Schulz äußerte sich Berlusconi ebenfalls abfällig: „Da gibt es einen Mann, genannt Schulz, der Berlusconi oder Italien nicht leiden kann“, sagte der 77-Jährige. 2003 hatte Berlusconi für einen Eklat im Europäischen Parlament gesorgt, als er Schulz nach dessen kritischen Fragen zur europäischen Innenpolitik und Zweifeln an der Integrität des Italieners als ideale Besetzung für die Filmrolle eines KZ-Aufsehers bezeichnete. Bei seinem Auftritt an diesem Wochenende ging Berlusconi erneut auf den Vorfall ein: „Ich wollte ihn nicht beleidigen, aber mein Gott, für die Deutschen haben Konzentrationslager nie existiert“, sagte er. „Die Katyn-Lager, ja doch, die deutschen nicht“, fügte der rechtskräftig verurteilte Steuerbetrüger noch hinzu. Im russischen Ort Katyn hatten sowjetische Truppen im Frühjahr 1940 Tausende polnische Soldaten ermordet. Lager gab es dort nicht.

SPE-Chef Sergej Stanischew nannte Berlusconis Äußerungen eine „Beleidigung“ des „gesamten deutschen Volks“ und nicht nur seines Parteifreunds Schulz. Stanischew forderte von der Führung der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und deren Kandidaten für den Posten des Chefs der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, eine Verurteilung von Berlusconis Äußerungen. Forza Italia ist EVP-Mitglied.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nannte Berlusconis Äußerungen „unsäglich“. Die SPD hat nun Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Eingreifen aufgefordert. Das Schweigen der CDU-Chefin sowie ihres CSU-Kollegen Horst Seehofer sei skandalös, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Der wegen Steuerbetrugs verurteilte Politiker und Unternehmer Berlusconi muss künftig ein Jahr lang einmal pro Woche mindestens vier Stunden Sozialdienst im Altenheim leisten. Nur Dienstag bis Donnerstag darf er zu Terminen reisen.