Nach offiziellen Angaben haben 81,53 Prozent der Wahlberechtigten für den 77-Jährigen gestimmt. Opposition spricht von Betrug

Algier. Im Wahlkampf war er ein Phantom und trat nicht in Erscheinung. Erst am Wahltag, tauchte der gesundheitlich schwer angeschlagene Abdelaziz Bouteflika, 77, zur Stimmabgabe das erste Mal seit zwei Jahren wieder öffentlich auf – im Rollstuhl. Einen Tag später wurde er wie erwartet zum Sieger erklärt. Bei der von Boykottaufrufen und Betrugsvorwürfen überschatteten Abstimmung erhielt er nach Angaben des Innenministeriums 81,53 Prozent der gültigen Stimmen.

Fast 23 Millionen Menschen waren am Donnerstag aufgerufen, einen neuen Präsidenten für den öl- und gasreichen Maghreb-Staat zu wählen. Trotz seiner nach einem Schlaganfall angeschlagenen Gesundheit galt Bouteflika stets als klarer Favorit. Schon nach Schließung der Wahllokale feierten seine Anhänger in der Hauptstadt Algier mit Feuerwerkskörpern und Hupkonzerten. „Wir haben für Frieden gewählt, das ist alles, was wir wollen“, sagte Khadija, eine etwa 50 Jahre alte Witwe, die im Süden Algiers ihre Stimme abgegeben hatte.

Von den insgesamt sechs Kandidaten galt Ex-Regierungschef Ali Benflis als größter Herausforderer Bouteflikas. Er kritisierte „massiven Betrug und gravierende Unregelmäßigkeiten“ und sagte, er werde das Ergebnis deswegen nicht anerkennen. Ein Bündnis von Oppositionsparteien hatte zum Boykott aufgerufen. Auch wenn viele Algerier Bouteflika zugute halten, dass er nach dem blutigen Bürgerkrieg das gespaltene Land befrieden konnte, gab nur etwa jeder zweite Wahlberechtigte seine Stimme ab.

Trotz des Ölreichtums gibt es in dem Land große soziale Probleme

Das Innenministerium nannte eine Beteiligung von 51,7 Prozent. Bei der letzten Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren hatten offiziell noch drei von vier Berechtigten gewählt. Am höchsten war die Wahlmüdigkeit in der Region Kabylei mit einer Beteiligung von 25 Prozent. In Algier machten 37 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch. In dem autoritär geführten Staat gibt es trotz des Ölreichtums große soziale Probleme, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Korruption grassiert. Noch am Wahltag kam es zu Demonstrationen vor allem von frustrierten Jugendlichen. Sie lieferten sich auch Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Bouteflika gilt als autoritärer Herrscher – und zugleich als Mann der Versöhnung. Er ist eine Ausnahme unter den nordafrikanischen Staatschefs. Im Gegensatz zu seinen langjährigen Amtskollegen aus Libyen, Tunesien und Ägypten überstand er die Revolutionswelle in der Region nahezu unbeschadet und wurde nicht gestürzt. Mit seinem Alter und seinen schweren Gesundheitsproblemen nach einem Schlaganfall im vergangenen Jahr kann Bouteflika kein Hoffnungsträger für die Zukunft des jungen Landes sein. Aber viele Algerier sehen derzeit keine Alternative zu ihm als Garanten der Stabilität in einer Welt gefährlicher Krisen.

Bouteflikas lange Herrschaft gründet sich vor allem auf seine Erfolge als Aussöhner sowie die Angst des Volkes vor Chaos und Gewalt. Als der ehrgeizige Politiker 1999 an die Macht kam, hatte Algerien einen Bürgerkrieg mit schätzungsweise 150.000 Toten hinter sich. Bouteflika setzte sich für ein Friedensabkommen mit den Islamisten sowie eine Amnestie für Tausende Kämpfer ein. Auf diese Weise gelang es ihm, den Terror einzudämmen und das Land vorsichtig zu modernisieren. Kritiker werfen Bouteflika allerdings vor, Teil eines korrupten Staatsapparats zu sein, der auch vor Wahlfälschung nicht haltmache.

Die Karriere des kleinwüchsigen Mannes mit dem großen rednerischen Talent hatte schon früh begonnen. Im Alter von 19 Jahren verließ er die Schule, trat der Befreiungsarmee bei und kämpfte gegen die Kolonialmacht Frankreich. Nach Algeriens Unabhängigkeit 1962 wurde er Sportminister und dann im Alter von nur 26 Jahren der damals jüngste Außenminister der Welt. Lediglich eine Affäre um Veruntreuung von Staatsgeldern unterbrach später für einige Zeit die steile Laufbahn.