Opposition empört. Auch Streit um Twitter schwelt weiter

Istanbul. Bekir Bozdag ist jemand nach dem Geschmack des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Bozdag ist fromm, verheiratet, hat drei Kinder und ist ein treuer Parteigenosse. Seit im Jahr 2001 die heutige Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (AKP) gegründet wurde, ist Bozdag deren Mitglied.

Der Religionswissenschaftler und Jurist, der fließend Englisch und Arabisch parliert, ist seit Juni 2011 einer der vier Vize-Premierminister der Türkei im Kabinett Erdogan III und seit 25. Dezember 2013 Justizminister. In dieser Funktion gab der 49-jährige Bozdag nun bekannt, dass die türkische Regierung den Bau eines Sondergefängnisses plane, in dem ausschließlich Homosexuelle untergebracht werden sollen. Die türkische Zeitung „Hürriyet“ berichtet, der Minister habe auf Anfrage des Oppositionsabgeordneten Veli Agbaba von der Republikanischen Volkspartei (CHP) dieses Vorhaben damit begründet, verurteilte Homosexuelle vor den Übergriffen anderer Häftlinge zu schützen. Bei Haftantritt müsse in Zukunft jeder Gefangene seine sexuelle Orientierung angeben.

Häftlinge, die bei Haftantritt erklären, homosexuell zu sein, würden künftig in einem speziell für Homosexuelle errichteten Gefängnis eingesperrt. Schon jetzt würden sie häufig in einem eigenen Trakt, getrennt von den anderen Gefangenen, untergebracht, erklärte Bozdag. Die türkische Regierung hatte zuletzt verfügt, in den Gefängnissen des Landes sogenannte „rosa Abteilungen“ insbesondere für transsexuelle Häftlinge einzurichten. Bislang wurden sie in Frauen- oder Männertrakte gesteckt. Der Abgeordnete Agbaba kritisierte die Regierungspläne scharf: „Am wichtigsten ist, dass die aktuellen Haftbedingungen für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle verbessert werden und ihre Isolation innerhalb der Isolation aufgehoben wird.“ Nach mehreren Besuchen bei inhaftierten Homosexuellen und Transsexuellen sei er zu der Erkenntnis gekommen, man müsse ihre Wünsche und Ansichten berücksichtigen, bevor eine neue Regelung in Kraft trete. Auch der türkische Aktivist Efe Songün, Direktor der Istanbuler Organisation Spod, hält den Plan für eine schlechte Idee: „Dies stigmatisiert Menschen und legitimiert Hassverbrechen und Diskriminierung.“

Im Streit um die Sperrung des Kurznachrichtendienstes Twitter hat das Medienunternehmen nach Angaben der Regierung in Ankara zugestimmt, einige Nutzerkonten in der Türkei zu schließen. Es handle sich um Konten, über die sich die Regierung beschwert habe. Der Kurznachrichtendienst werde allerdings vorerst nicht ein Büro in der Türkei eröffnen und dort Steuern zahlen. Diese Punkte würden aber demnächst über Anwälte in Istanbul diskutiert. Twitter äußerte sich zunächst nicht. Die türkischen Behörden hatten den Zugang am 21. März kurz vor den Kommunalwahlen gesperrt. Hintergrund waren Audiomitschnitte, die angeblich Korruption im Umfeld Erdogans belegen. Die türkische Regierung schätzt, dass Twitter mit Werbeanzeigen in dem Land einen Umsatz von 35 Milliarden Dollar jährlich erzielt, und beklagt, dass darauf keine Steuern gezahlt werden.