Euro-Gruppe gibt nächste Milliardentranche frei und erwartet Fortsetzung des Reformprozesses

Athen. Das hat gedauert: Erst nach mehr als einem halben Jahr Verhandlungen erhält Griechenland von seinen internationalen Geldgebern eine weitere Kreditrate in Höhe von 6,3 Milliarden Euro. Das beschlossen die Euro-Finanzminister in Athen, wie der Chef der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, mitteilte – erst jetzt, weil Griechenland jetzt erst die Bedingungen für die Auszahlung erfüllt. Zwei weitere Raten in Höhe von jeweils einer Milliarde Euro werden an Auflagen geknüpft und sollen im Juni und Juli an die Regierung in Athen überwiesen werden.

Die Finanzminister treffen sich in Griechenland, das seit Januar für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Der Gastgeber stand im Mittelpunkt des ersten Tages – „unser Hauptthema“, sagte Dijsselbloem. Griechenlands Finanzminister hingegen lud die Sorgen seiner Regierung mit europäischer Bedeutung auf: Die großen Punkte seien das Wachstum und die finanzielle Stabilität in Europa, sagte Yannis Stournaras. Die „Dringlichkeit“ im Falle Griechenlands, von der Dijsselbloem vor dem Treffen gesprochen hatte, ist auch entstanden, weil die Umsetzung der Auflagen für die neuen – und letzten des laufenden Hilfsprogramms – Milliarden der griechischen Regierung einen politisch kaum zu bewältigenden Kraftakt abverlangte. In der Nacht zum Montag erst verabschiedete das Parlament in Athen ein Reformpaket, 800 Seiten lang – und mit einer hauchdünnen Mehrheit beschlossen. Auf 152 Abgeordnete von 300 im Parlament können der konservative Premierminister Antonis Samaras und sein sozialistischer Koalitionspartner, Außenminister Evangelos Venizelos, nach der Abstimmung noch zählen. Lange und oft haben die Griechen betont, das sei das letzte Reform- und Sparpaket, das sie noch anpacken wollten und könnten. In diesem Sommer läuft das griechische Hilfsprogramm aus.

Seit September 2013 hatten die Vertreter der Geldgeber mit der griechischen Regierung verhandelt, vor wenigen Wochen gab es eine Einigung, dann deren Umsetzung im Parlament – und nun die Empfehlung der Minister zur Auszahlung der letzten Tranche. Überwiesen werden die ersten 6,3 Milliarden Euro aus diesem Paket noch im April, damit Athen im Mai wie vorgesehen eine große Rate seiner Schulden tilgen kann, wie Dijsselbloem sagte. Die Auszahlung der beiden weiteren Teiltranchen von je einer Milliarde Euro aus dem EU-Hilfsfonds EFSF wird daran geknüpft, ob Auflagen erfüllt und etwa die nun mit letzter Kraft beschlossenen Gesetze auch umgesetzt werden. Samaras bezeichnete sie als „riesigen Schritt für das Griechenland der Zukunft“. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die Auszahlung von weiteren 3,5 Milliarden Euro aus seiner Kasse im Mai vor.

Mehr Wettbewerb in der griechischen Wirtschaft sollen die Reformen ermöglichen, bisher regulierte Bereiche wie den Milchmarkt öffnen. Der Zugang zu bislang geschützten freien Berufen wird erleichtert. Rezeptfreie Medikamente sollen künftig auch in Supermärkten verkauft werden dürfen. Der Transportsektor wird liberalisiert. Das alles aber heißt: Apotheker bekommen Wettbewerber, Milchbauern fürchten Preisverfall, Gewerkschafter die Flexibilisierung des Kündigungsschutzes und Anwälte neue Konkurrenz – Proteste von Lobbygruppen begleiteten den Gesetzgebungsprozess.

Dabei zeigen die bisherigen Reformen erste Wirkung. Griechenland erwartet für 2014 ein leichtes Wirtschaftswachstum, und das vergangene Jahr schloss die Regierung mit einem Primärüberschuss ab, hat also, den Schuldendienst herausgerechnet, mehr eingenommen als ausgegeben. Das seien gute Nachrichten, sagte Österreichs Finanzminister Michael Spindelegger. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, die griechische Wirtschaft stabilisiere sich. Das dürfe man nicht gefährden: Reformen müssten weitergehen, der Kurs hin zu „tragfähigen Staatsfinanzen“ beibehalten werden.