Der Außenminister sprach auch mit dem Oligarchen und reichsten Ukrainer, Rinat Achmetow

Kiew/Donezk. Nach seinem Besuch in der Ukraine hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier eindringlich vor einer Ausweitung der Krise gewarnt. „Ich mache mir große Sorgen, dass der völkerrechtswidrige Versuch, 25 Jahre nach Ende des Kalten Kriegs international anerkannte Grenzen in unserer europäischen Nachbarschaft zu korrigieren, die Büchse der Pandora öffnet“, sagte Steinmeier der „Welt am Sonntag“. Er frage sich auch, ob im Vielvölkerstaat Russland unter Putins Führung die möglichen Auswirkungen bis zum Ende durchdacht worden seien.

Steinmeier (SPD) hatte bei seinem Ukraine-Besuch am Sonnabend der Übergangsregierung von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk weitere Hilfe bei der Stabilisierung des Landes zugesagt. Die Krim-Krise habe die Gefahr einer neuen Spaltung Europas heraufbeschworen, sagte er. Er sei nun froh, dass es gelungen sei, eine Beobachtermission der OSZE auf den Weg zu bringen. „Das ist nicht die politische Lösung, aber es könnte ein Beitrag sein, dass aus den Spannungen hier nicht neue Zusammenstöße und Blutvergießen entstehen.“

Steinmeier wurde in Kiew mit Wünschen der Ukraine nach Energieversorgung aus der EU und Rüstungshilfe konfrontiert. „Wir müssen die ukrainischen Streitkräfte neu umrüsten und verstärken“, sagte Regierungschef Jazenjuk. Er lobte erneut das am Freitag abgeschlossene Assoziierungsabkommen mit der EU. „Das ist etwas, was Millionen von Ukrainern erhofft haben.“

Steinmeier traf in Kiew auch Interimspräsident Alexander Turtschinow und reiste anschließend nach Donezk im überwiegend russischsprachigen Osten der Ukraine weiter. Kurz vor seiner Ankunft beteiligten sich in der Bergbau-Metropole Tausende an einer prorussischen Kundgebung. Sie forderten nach Angaben örtlicher Medien unter anderem die Rückkehr des abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch.

In Donezk hatte es vor einer Woche gewaltsame Proteste gegeben, bei denen mindestens ein Mensch ums Leben kam. Steinmeier sprach mit Gouverneur Sergej Taruta und dem einflussreichen Oligarchen und reichsten Mann der Ukraine, Rinat Achmetow. Anschließend berichtete er von hoffnungsvollen Signalen. „Mit Herrn Achmetow hatte ich den Eindruck: Es ist akzeptiert, dass es eine neue Ukraine geben wird.“ Achmetow hatte lange Zeit Janukowitsch unterstützt.

Achmetow besitzt nach Schätzungen knapp 18 Milliarden Dollar, einen erfolgreichen Fußball-Club in seiner Heimatstadt Donezk und ist der Prototyp des schwerreichen Oligarchen. Der Tatare hat zwar kein politisches Amt, dafür aber umso mehr Einfluss. Und deshalb bekommt der reichste Mann der Ukraine ebenso wie einige seiner Oligarchen-Kollegen auch den Besuch eines Außenministers. Egal, was der Westen vom Geschäftsmodell der Oligarchen halten mag: Er braucht den Rückhalt dieser Männer, die das Schicksal der Ukraine entscheidend beeinflussen können.

Die ukrainische Regierung und der Westen befürchten, dass Russland auch auf die Ost-Ukraine Anspruch erheben könnte. Der russische Präsident Wladimir Putin hat allerdings erklärt, dass er sich mit der Annexion der Halbinsel Krim zufriedengeben wolle.

In der „Welt am Sonntag“ wies der Außenminister Kritik zurück, der Westen trete Russland nicht hart genug entgegen. „Ich kann in unserer Politik keine Schwäche erkennen“, sagte Steinmeier. „Es ist gut und wichtig, dass Europa und die USA in dieser Krise in enger Abstimmung handeln. Wir senden klare Botschaften, wir reagieren schnell und geschlossen.“