Milliardäre, Millionäre, Funktionäre – im Volkskongress sitzen nicht die typischen Volksvertreter

Peking. Das Parlament der kommunistischen Volksrepublik China ist ein Club der Superreichen: 31 US-Dollar-Milliardäre sitzen als Delegierte im Volkskongress. Von den 1000 reichsten Chinesen auf der Liste des Shanghaier „Hurun“-Magazins gehören 84 dem Parlament an, das am Donnerstag seine Jahrestagung in der Großen Halle des Volkes in Peking beendet. Sieben schwerreiche Delegierte sitzen im Ständigen Ausschuss, der sich zwischen den jährlichen Zusammenkünften trifft, um Gesetzesvorlagen abzusegnen.

Aber das ist noch nicht alles. Zusätzlich gibt es noch viele Präsidenten großer Staatskonzerne und mächtige Funktionäre, bei denen niemand weiß, wie reich sie in Wirklichkeit sind. Die Zusammensetzung des nicht frei gewählten Volkskongresses sei alles andere als repräsentativ, findet der kritische Kommentator Zhang Lifan. „Das sind starke Interessengruppen – und sie alle stehen für die Partei“, sagt der Historiker. „Das Parlament vertritt nicht die Interessen des Volkes aller Schichten.“

Dabei ist der Volkskongress nominell das „höchste Staatsorgan“. Nur liegt in China die Macht bei der Kommunistischen Partei. Deren höchstes Führungsorgan ist der siebenköpfige Ständige Ausschuss des Politbüros, in dem alle großen Entscheidungen fallen. An der Spitze steht Staats- und Parteichef Xi Jinping, dessen Verwandte nach Enthüllungen der Nachrichtenagentur Bloomberg ebenfalls ein Vermögen von mehreren Hundert Millionen US-Dollar angesammelt haben sollen.

Dass Kommunisten und Kapitalisten in China derart „solidarisch“ Geschäfte machen, begann mit der Reform und Öffnung in den 80er-Jahren. „Reich werden ist glorreich“, verkündete der Reformarchitekt Deng Xiaoping. Aber es war erst der frühere Parteichef Jiang Zemin, der die Partei 2001 auch offiziell für die „fortschrittlichen Produktionskräfte“, sprich Privatunternehmer, öffnete. Reichster Abgeordneter des Volkskongresses ist Zong Qinghou, der Chef des Wahaha-Getränke-Imperiums. Laut „Hurun“ soll der 68-Jährige ein Vermögen von 13 Milliarden US-Dollar haben. Zweitreichster Delegierter ist mit 7,5 Milliarden US-Dollar Ma Huateng oder „Pony Ma“, wie er auch genannt wird. Dem 40-Jährigen gehört Tencent, eine der drei größten chinesischen Internetfirmen, die weltweit für ihre „WeChat“-App bekannt ist.

Dagegen sind die durchaus vermögenden Senatoren und Abgeordneten in den USA vergleichsweise „arme Schlucker“. Der reichste Abgeordnete, der Republikaner Darrell Issa, kommt gerade mal auf 355 Millionen US-Dollar (256 Millionen Euro). 2012 lag das Vermögen aller 541 US-Parlamentarier im Schnitt bei 442.000 Dollar. Aber milliardenschwere Abgeordnete wie in der jungen „sozialistischen Marktwirtschaft“ Chinas sind im Kongress der USA nicht zu finden.

Der Superreichtum im „größten Entwicklungsland der Erde“ geht sogar noch weiter: In der parallel zum Volkskongress tagenden politischen Konsultativkonferenz sitzen weitere 52 US-Dollar-Milliardäre. Das Treffen dieses Gremiums wird protokollarisch hoch gehängt. Traditionell ist von den „zwei Sitzungen“ die Rede. Die Konsultativkonferenz ist aber noch weniger ein Debattierclub als das Parlament, das in seiner 60-jährigen Geschichte noch nie eine Vorlage der Regierung abgelehnt hat.