Referendum auf der ukrainischen Krim-Halbinsel sei rechtens. Regierung in Kiew sperrt den Separatisten die Konten

Moskau/Kiew/Berlin. Der russische Präsident Wladimir Putin bleibt trotz angedrohter Sanktionen des Westens in der Ukraine-Krise hart. In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem britischen Premierminister David Cameron sagte er am Sonntag, das Regionalparlament der Krim habe in Einklang mit internationalem Recht die Halbinsel zu einem Teil der Russischen Föderation erklärt und ein Referendum zur Loslösung von der Ukraine angesetzt. Ziel der Maßnahmen sei es, die „rechtmäßigen Interessen der Bevölkerung auf der Halbinsel“ zu garantieren. Westliche Staaten halten die Volksabstimmung für illegal. Sie haben Russland mit weiteren Sanktionen gedroht, sollte die Regierung in Moskau die territoriale Integrität der Ukraine verletzen.

Ungeachtet dessen nahmen am Wochenende russische Soldaten nach ukrainischen Angaben weitere Grenzposten auf der Krim ein. Aufrufe zum Rückzug ignorierte die Regierung in Moskau, obwohl US-Außenminister John Kerry warnte, dass dadurch der Spielraum für die Diplomatie schwinde. Die prorussische Regionalregierung der Krim wies zugleich Forderungen zurück, das für kommenden Sonntag angesetzte Referendum über einen Anschluss der Halbinsel an Russland abzusagen. In Sewastopol griffen prorussische Aktivisten und Kosaken während einer Demonstration von Gegnern der Abspaltung eine Gruppe von Ukrainern an. Auch in der Krim-Hauptstadt Simferopol demonstrierten Befürworter und Gegner einer Loslösung der autonomen Republik.

Russland hatte kurz nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar damit begonnen, die Kontrolle über die Krim zu übernehmen. Putin hat sich von dem Parlament in Moskau das Recht auf einen militärischen Eingriff zum Schutz der auf der Krim und im Osten der Ukraine überwiegend russischsprachigen Bevölkerung zusichern lassen. Moskau hat entgegen den Beteuerungen von Präsident Putin nach „Spiegel“-Informationen Tausende Soldaten auf die Krim gebracht. Nato-Sicherheitsexperten könnten belegen, dass seit dem Beginn der Krise mindestens 2000 russische Soldaten auf die Halbinsel geflogen worden seien, berichtet das Nachrichtenmagazin. Schätzungen der Nato gingen sogar von 6000 zusätzlichen Soldaten aus. Russland bestreitet, eigene Truppen auf die Schwarzmeer-Halbinsel gebracht zu haben.

Die neue prowestliche Regierung der Ukraine drehte im Gegenzug der moskautreuen Führung der Krim den Geldhahn zu. Krim-Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew sagte in Simferopol, wegen einer Sperrung der Bankkonten könne das autonome Gebiet laufende Geschäfte nicht mehr finanzieren. Die Führung habe sich bereits an Moskau gewandt, um bei russischen Banken Konten zu eröffnen. Die Halbinsel werde sowieso die russische Währung Rubel einführen, sollte die Mehrheit der Krim-Bevölkerung am 16. März für einen Beitritt zu Russland stimmen, sagte Temirgalijew.

Julia Timoschenko wird in dem Berliner Universitätsklinikum Charité behandelt

Prorussische Uniformierte feuerten am Wochenende Warnschüsse ab, als sich ein Bus mit Militärbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) einem Kontrollpunkt der Krim näherte. Eine OSZE-Sprecherin sagte, bei dem Zwischenfall im Norden der Halbinsel sei niemand verletzt worden. Die Militärexperten waren schon in den Tagen zuvor mehrfach daran gehindert worden, auf die Krim zu gelangen. Sie sollen die militärischen Aktivitäten Russlands auf der Krim beobachten.

Die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko wird seit dem Wochenende in dem Berliner Universitätsklinikum Charité wegen ihrer starker Rückenschmerzen behandelt. Charité-Chef Karl Max Einhäupl zeigte sich zuversichtlich, dass Timoschenko nach der Behandlung ihrer Bandscheibenvorfälle wieder ohne Hilfsmittel wird laufen können. Die 53-Jährige liegt bewacht von Sicherheitsleuten in der Klinik. Derzeit kann sich die ukrainische Präsidentschaftskandidatin nur unter Schmerzen und mit einem Rollator oder im Rollstuhl fortbewegen. Die Behandlungskosten übernimmt sie laut Klinik selbst.

Timoschenko, die im Februar aus der Haft freikam, hatte im Gefängnis mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Seit rund zwei Jahren wird sie daher von Spezialisten der Charité behandelt, die auch in die Ukraine gereist waren. „Bei der Behandlung dort waren uns die Hände sehr gebunden“, sagte Einhäupl. In der Ukraine hatte Timoschenko eine Operation und auch jegliche Injektionen abgelehnt, weil sie den Behörden nicht traute.

In den kommenden Tagen sollen auch 40 bei den Straßenschlachten in Kiew verletzte Ukrainer zur Behandlung in Deutschland eintreffen. Ein Bundeswehr-Airbus wird die Verletzten nach Berlin bringen, von wo sie dann auf verschiedene Kliniken verteilt werden, wie Bundesverteidigungsministerium und Auswärtiges Amt in Berlin mitteilten. Darunter sind neben Demonstranten auch mehrere Polizisten.