Istanbul. In der Türkei sollen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, andere Politiker sowie Journalisten und Geschäftsleute drei Jahre lang abgehört worden sein. Die regierungstreuen Zeitungen „Yeni Safak“ und „Sar“ berichteten am Montag, unter dem Vorwand von Anti-Terror-Ermittlungen hätten Istanbuler Staatsanwälte insgesamt rund 7000 Menschen abhören lassen. Der Lauschangriff sei von Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen gestartet werden, der sich mit Erdogan überworfen hat. Gülen wies die Vorwürfe zurück.

Erdogan macht Gülen unter anderem für die im Dezember aufgetauchten Korruptionsvorwürfe gegen das Umfeld seiner Regierung verantwortlich; er wirft der Gülen-Bewegung vor, einen Staat im Staat gebildet und gegen die Regierung intrigiert zu haben. Als Reaktion auf die Korruptionsvorwürfe ließ Erdogan mehrere Tausend mutmaßliche Gülen-Anhänger in der Polizei sowie unter Richtern und Staatsanwälten versetzen.

Laut „Yeni Safak“ diente die Abhöraktion dazu, belastendes Material über Erdogan-Anhänger zu sammeln, um diese nach einem geplanten Sturz der Regierung belangen zu können. Unter den Opfern des Lauschangriffs waren demnach unter anderem der türkische Geheimdienstchef Hakan Fidan sowie enge Berater Erdogans, aber auch die Zentrale der Republikanischen Volkspartei (CHP), der größten Oppositionspartei des Landes.