Kiew. Die Bilder vom Blutvergießen in der Ukraine erschüttern die Welt, aber ganz andere Schreckensvisionen plagen die Regierungen der Nachbarländer. Bei gegenwärtigem Stand bricht die Ukraine in spätestens zwei Wochen finanziell zusammen, schreibt das ungarische Nachrichtenportal „Index.hu“ unter Bezug auf Angaben des früheren ukrainischen Finanzministers Wladimir Lanowoj. Demzufolge wäre die Ukraine spätestens im März gezwungen, Geld zu drucken, wenn bis dahin keine neuen Kredite von außen kommen. Das Land verfüge nur noch über Devisenreserven von 17 Milliarden Dollar, zitierte das Portal Lanowoj. Das seien jedoch keine Bareinlagen, sondern zumeist „schwer zu verkaufende Wertpapiere“.

Russland hat zwar Kredite versprochen, als Belohnung für die Abwendung Kiews von der Europäischen Union. Moskau macht derzeit jedoch weitere Zahlungen von einer erfolgreichen Niederschlagung der Protestbewegung abhängig. Ein wirtschaftlicher Zusammenbruch hätte fatale Folgen, weit über die Ukraine hinaus. Zehn Prozent aller Kredite der ungarischen Staatsbank OTP sind über eine Tochtergesellschaft in der Ukraine vergeben. Ähnlich sieht es bei anderen Nachbarländern aus. Eine Erschütterung der osteuropäischen Volkswirtschaften als Folge der ukrainischen Krise kann leicht Spekulantenangriffe gegen die betroffenen Länder auslösen. Die ukrainische Krise kann schnell einen wirtschaftlichen Flächenbrand in Osteuropa entfachen. Zudem hängt die ganze Region vom russischen Gas ab, das über die Ukraine kommt.

In Ungarn bereitet man sich sogar auf einen Zerfall der Ukraine vor. Schon Ende Januar hatte Ministerpräsident Viktor Orbán einen Krisenstab zur Ukraine ins Leben gerufen. Der trat am Donnerstag erstmals zusammen. Vertreter der Einwanderungsbehörde, der Rettungsdienste und des Katastrophenschutzes sowie anderer betroffener Bereiche berieten unter Leitung von Innenminister Sándor Pintér, welche Vorbereitungen man treffen müsse.