Teheran hält sich angeblich an Abkommen im Atomstreit. Der Westen will trotzdem mehr Inspektoren

Brüssel. Zur Entspannung des langwierigen Atomstreits mit dem Iran setzt die Europäische Union einen Teil ihrer Sanktionen aus. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag in Brüssel, die Strafmaßnahmen zunächst für sechs Monate zu lockern. Damit erfüllt die EU ihren Teil eines in Genf geschlossenen Abkommens zwischen dem Iran sowie den fünf Uno-Vetomächten und Deutschland vom vergangenen November. Auch die US-Regierung bestätigte, dass der Iran seine ersten Verpflichtungen aus der Genfer Atomvereinbarung eingehalten habe. Folglich werde mit der Lockerung von Sanktionen begonnen, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kündigte an, die Verhandlungen mit Teheran über das Atomprogramm sollten im Februar wieder aufgenommen werden. „In den nächsten sechs Monaten wird es entscheidend sein, die vereinbarten Maßnahmen umzusetzen“, sagte sie. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Brüssel: „Wir haben mit dem Beschluss die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass europäische Sanktionen erleichtert werden können.“ Er fügte hinzu: „Das sind immerhin zehnjährige Verhandlungen, bei denen wir nie zum Ergebnis, aber auch nie zu einem solchen Zwischenergebnis gekommen sind, wie das heute erreicht worden ist.“

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte zuvor in Wien mitgeteilt, Teheran habe vereinbarungsgemäß die Uran-Anreicherung auf mehr als fünf Prozent eingestellt. Die IAEA-Inspekteure hätten gleichfalls bestätigt, dass der Iran keine neuen Zentrifugen installiert und keine weiteren Arbeiten am Schwerwasserreaktor in Arak sowie an der Urananreicherungsanlage in Natans vorgenommen habe. Bestände von hoch angereichertem Uran würden stufenweise in Brennstäbe umgewandelt oder verdünnt.

Konservative Medien im Iran, die das Abkommen kritisiert hatten, verurteilten den Produktionsstopp. Die Tageszeitung „Watan-e-Emrus“ erschien am Montag in Schwarz statt der üblichen Farben. Sie bezeichnete den Deal als „nuklearen Holocaust“, der ein Geschenk für Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sei. Dieser hatte das Abkommen ebenfalls kritisiert, weil es dem Iran zu viel für zu wenig Zugeständnisse gebe.

Die EU-Außenminister hatten versprochen, im Gegenzug das Einfuhrverbot für petrochemische Produkte in den Iran aufzuheben und auch den Handel mit Gold wieder zu erlauben. Das Einfuhrverbot für Rohöl bleibt in der EU bestehen, doch dürfen EU-Schiffe künftig wieder iranisches Öl transportieren. Zudem dürfen EU-Versicherungen solche Ölladungen wieder versichern. Die EU lockert auch Einschränkungen des Zahlungsverkehrs mit dem Iran. Vom 1. Februar an kann der Iran stufenweise auf 4,2 Milliarden Dollar (3,1 Milliarden Euro) aus bisher gesperrten Einkünften aus Rohölverkäufen zugreifen.

„Der Atomstreit und die Sanktionen waren ein Eisberg, der heute endlich zu schmelzen beginnt“, sagte Irans Atomchef Ali Akbar Salehi. Die Lockerung der Sanktionen und der iranische Verzicht auf die Hochanreicherung von Uran sowie auf die Installation neuer Zentrifugen sollen die Voraussetzung für Gespräche über eine dauerhafte Beilegung des Konflikts schaffen. Nach Angaben der Atomenergiebehörde werden künftig im Iran vier statt bisher zwei Inspektoren beschäftigt. Berichte über die Einhaltung der Vereinbarung sollen monatlich vorgelegt werden.