Gegen eine geringe Gebühr werden Moldawier zu Tausenden eingebürgert

Brüssel. Es ist leicht, ein EU-Bürger zu werden. Die rumänischen Behörden bürgern gegen eine Gebühr massenhaft Moldawier ein. Sie erhalten einen Freifahrschein für die EU mit sämtlichen Vorteilen, der Arbeitserlaubnis und Reisefreizügigkeit. Den Pass gibt es aber auch schneller: In Chișinău, der Hauptstadt der Republik Moldawien, besorgen Händler die nötigen Unterlagen und Siegel. Für ihre guten Kontakte zu rumänischen Beamten muss man allerdings das Portemonnaie öffnen.

Führende deutsche Unionspolitiker kritisieren nun Rumänien. Sie fordern die Regierung in Bukarest zu einem Kurswechsel auf. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: „Rumänien darf durch zu großzügige Einbürgerungen von Staatsangehörigen aus Moldawien nicht zum Eintrittstor in die EU werden. Die betreffenden Moldawier erhalten dadurch die Rechtsstellung freizügigkeitsberechtigter EU-Bürger mit allen Konsequenzen, wie wir sie derzeit im Zusammenhang mit der Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien erleben.“

Verschlimmert wird die Situation Herrmann zufolge noch dadurch, dass Kriminelle lukrative Geschäfte mit gefälschten Dokumenten machen könnten, um sich die rumänische Staatsbürgerschaft zu erschleichen. Herrmann: „Ich erwarte, dass Rumänien schnell seiner Verantwortung in der EU gerecht wird und dem schwunghaften Handel mit EU-Pässen Einhalt gebietet“.

Auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), der den schwarz-roten Koalitionsvertrag in Berlin mitverhandelt hatte, warnte mit Blick auf Rumänien: „In den Koalitionsverhandlungen war für beide Seiten klar, dass die EU-Freizügigkeit nicht zu einem windigen Geschäftsmodell werden darf“. Die Deutschen würden von der neuen Bundesregierung „klare Regeln und Kontrollen“ erwarten. „Es ist Aufgabe der EU, junge Mitgliedstaaten wie Rumänien beim Aufbau einer korrekten und rechtsstaatlichen Verwaltung zu unterstützen“, so Ulbig. Bukarest gewährte nach internen Angaben der rumänischen Behörden allein 2011 und 2012 rund 152.000 Ausländern, meist aus Moldawien, die Staatsangehörigkeit. Die Inhaber eines rumänischen Passes können sich damit frei innerhalb der EU bewegen und arbeiten. 2011 und 2012 beantragten 112.000 Moldawier den Pass. Rumäniens Staatspräsident Traian Basescu sagte, dass er insgesamt 700.000 bis 800.000 Anträge auf eine rumänische Staatsbürgerschaft erwartet. Moldawien hat rund vier Millionen Einwohner.

Laut Gesetz aus dem Jahr 1991 können in Rumänien Antragsteller mit einem Privatvermögen ab einer Million Euro oder international bekannte Persönlichkeiten eine rumänische Staatsbürgerschaft erhalten. Aber auch Personen, deren Vorfahren bis in die dritte Generation hinein einmal einen rumänischen Pass besessen haben – dies ist bei den meisten Moldawiern der Fall, da ihr Land und weite Teile des heutigen Rumäniens zwischen 1918 und 1940 ein Staat waren. Die rumänische Regierung hat mit ihrer großzügigen Passvergabe mehrere Ziele. Basescu verfolgt offenbar immer noch die Idee einer großen rumänischen Nation. Außerdem können die Neu-Rumänen helfen, den Fachkräftemangel zu lindern, und sie bringen zugleich willkommene Wählerstimmen für die Regierung. Hinzu kommt, dass die „Wiedereinbürgerung“ von Moldawiern die Einwohnerzahlen in Rumänien erhöht – das verspricht mehr EU-Mittel aus Brüssel.