Paris/Mamoudzou. Ab 1. Januar 2014 reichen die Grenzen der EU bis nach Ostafrika. Zu Neujahr erhält die Inselgruppe Mayotte den Status eines „Gebiets in äußerster Randlage“ und zählt offiziell zum Territorium der Europäischen Union. Die Meinungen über die Sinnhaftigkeit dieses Unterfanges gehen allerdings auseinander.

Mayotte ist ein tropisches Inselparadies zwischen Mosambik und Madagaskar vor der Küste Afrikas. Der Euro ist schon lange offizielle Währung. Auch nach dem Ende des französischen Kolonialreichs wurde die Region nicht unabhängig – allerdings gewollt. Die Bewohner von Mayotte sahen sich als „französische Übersee-Bevölkerung“. In einer Volksbefragung stimmten 2009 mehr als 95 Prozent dafür, „Übersee-Department“ Frankreichs zu werden.

Der neue Status unterstreicht vor allem Unterschiede zur EU. Der Präsident der Insel heißt zwar François Hollande, doch mehr haben die Mahoren kaum mit ihren französischen Mitbürgern gemein. Laut BBC beherrscht nur etwa die Hälfte der Bevölkerung die französische Sprache. Auf Mayotte liegt das jährliche Bruttoinlandprodukt pro Einwohner bei 6500 Euro, der EU-Schnitt ist sechsmal höher. 97 Prozent bekennen sich zum Islam. Für die Gesetzgebung dürfte dies eine Hürde sein: Konnten die Bewohner bisher zwischen muslimischem oder französischem Recht wählen, findet nun EU-Recht Anwendung. Über die Polygamie werden junge Mahoren vermutlich nur noch in Geschichtsbüchern lesen, Familienstreitigkeiten werden nicht mehr vor dem islamischen Richter ausgetragen, das Mindestheiratsalter wird auf 18 Jahre angehoben.

Ein bedeutender Teil der französischen Steuerzahler stellt sich die Frage nach dem Sinn der Außengrenzen im Indischen Ozean. Nationalisten sprechen von einer „Bürde“. Die Regierung argumentiert mit Fischerei- und Handelslizenzen. Jüngst installierte Paris Militärstützpunkte auf der Insel.

Auf Mayotte ist man ebenfalls gespaltener Meinung. Für die steigenden Lebenshaltungskosten machten Demonstranten 2011 in Massenkundgebungen das Mutterland verantwortlich. Auf der anderen Seite entwickelte sich die Insel dank des Einflusses aus Paris zum entwicklungspolitischen Paradies: Seit 1987 gab es 680 Millionen Euro an Förderungen. 2007 erhielt die Insel 20,5 Millionen Euro für Umweltschutz und Sanitärprojekte.