Pussy Riot will zusammen mit prominenten Putin-Gegnern Häftlingen in Russland helfen

Moskau. Weich im Ton, aber knallhart in der Sache bekräftigen die beiden Frauen der russischen Punkband Pussy Riot nach 20 Monaten Lagerhaft ihre Kampfansage an Kremlchef Wladimir Putin. „Das Schrecklichste im putinschen Russland ist, dass man nicht reden darf und nicht gehört wird“, sagte Wortführerin Nadeschda Tolokonnikowa, 24, bei der ersten großen Pressekonferenz nach der Freilassung. Ihr Ziel sei weiterhin, Putin aus dem Amt zu jagen, betonte auch Mitstreiterin Maria Aljochina, 25. Als geeigneten Präsidenten sehen beide den aus russischer Lagerhaft entlassenen Kremlgegner Michail Chodorkowski, der sich in Berlin aufhält.

Spektakuläre Kremlkritik wie das Punkgebet in einer Moskauer Kirche, das zu ihrer Haft führte, planen die Frauen derzeit nicht. Nach ihren bitteren Erfahrungen hinter Gittern sei es zunächst wichtiger, sich für einen humaneren Strafvollzug im Riesenreich einsetzen. „In Russlands Straflagern gibt es Menschen, die sich am Rande des Todes befinden“, sagte Aljochina. „Frauen im Straflager sagten uns, ihr seid prima, weil ihr keine Angst hattet, gegen die Macht zu protestieren“, betonte die 25-Jährige. Die geplante Organisation Sona Prawa (Rechtszone) wolle eine „Stimme der Gefangenen“ sein, sagte auch Tolokonnikowa. In einem Studio des kremlkritischen Internet-TV-Kanals Doschd (Regen) in Moskau betonten die beiden Mütter kleiner Kinder demonstrativ, dass die Haft sie nicht gebrochen habe. „Wir werden nicht ins Ausland ausreisen, wir haben genug in Russland zu tun“, so Tolokonnikowa. Als Partner für ihre künftige Hilfe für Häftlinge sehen sie den Moskauer Oppositionsführer Alexej Nawalny – aber auch Chodorkowski. „Es geht nicht um finanzielle Hilfe, er ist eine unglaubliche Persönlichkeit, die zehn Jahre Haft überstehen musste“, unterstrich Aljochina. Der frühere Oligarch und Kreml-Kritiker Chodorkowski war vergangene Woche nach mehr als zehn Jahren Haft überraschend von Putin begnadigt und freigelassen worden. Er reiste daraufhin nach Berlin aus. Bei seiner Freilassung hatten der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und die Bundesregierung eine wichtige Rolle gespielt. Chodorkowski kündigte an, sich weder in der Politik engagieren noch für eine Rückgabe seines Vermögens einsetzen zu wollen. Jedoch wolle er politische Gefangene in Russland unterstützen – die „Geiseln Putins“, wie er sie nannte.

Zu einem Boykott der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi riefen die beiden Frauen nicht offen auf. „Jeder soll selbst darüber entscheiden, ob er bereit ist, nach Sotschi zu kommen und das zu unterstützen, was Putin tut“, sagte Tolokonnikowa. Die Spiele im russischen Schwarzmeer-Kurort gelten als Prestigeprojekt Putins.

Tolokonnikowa und Aljochina waren vor wenigen Tagen bei einer Massenamnestie freigekommen – wenige Monate, bevor ihre zweijährige Haftstrafe regulär ausgelaufen wäre. Die dritte verurteilte Musikerin Jekaterina Samuzewitsch war schon vorher auf Bewährung freigekommen.

Nach 100 Tagen in der harten Hand der russischen Justiz haben unterdessen die ersten Mitglieder der Organisation Greenpeace Russland verlassen. „Mindestens sieben der rund 30 Aktivisten sind bereits nach Hause gefahren, die restlichen Ausländer folgen in den nächsten Tagen“, sagte Russlands Greenpeace-Direktor Iwan Blokow.